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Sport: Und jetzt das Bundesverdienstkreuz?

Der Fußball fürchtet einen Freispruch für Robert Hoyzer, dabei tendieren die Richter zu einer Verurteilung

Ist Robert Hoyzer bald ein freier Mann? Ja, wird der ehemalige Schiedsrichter sogar entschädigt für Untersuchungshaft und seelischen Schmerz? Bundesanwalt Hartmut Schneider hat vor dem Bundesgerichtshof in Leipzig für eine Aufhebung der Urteile im Prozess um manipulierte Fußballspiele plädiert – und auf einmal bangt ein ganzes Land um das hohe Gut der Gerechtigkeit. Wo soll das noch hinführen, wenn schon der Sprecher der höchsten Anklagebehörde mangels juristischer Grundlage einen Betrüger rehabilitieren will? Theo Zwanziger, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), wetterte am Mittwoch: „Es hätte mich nicht gewundert, wenn diese Inszenierung noch mit dem Antrag auf Verleihung des Bundesverdienstkreuzes geendet hätte.“

Zwanziger ignoriert dabei wie so viele andere ein nicht ganz unwesentliches Detail: Das Urteil in diesem Revisionsverfahren fällt nicht der Sprecher der Bundesanwaltschaft, sondern der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs. Die Richter deckten Hartmut Schneider mit ungewöhnlich vielen Rückfragen ein. Der Ton, in dem sie vorgetragen wurden, ließ nicht auf große Sympathie schließen. Schneider verzichtete später auf das vom Senat angebotene Schlusswort.

Die Anwälte der Verurteilten hatten dem Ankläger extra den Vortritt gelassen. „Das hat uns nicht gereut“, sagte Stefan Conen, einer der beiden Anwälte des Wettpaten Ante Sapina. Doch so gut Schneiders Vortrag bei den Verteidigern ankam, so bedrückt nahmen sie zur Kenntnis, dass die Richter offensichtlich eine andere juristische Interpretation bevorzugten. „Es hat ja wohl heute auch der letzte im Saal gesehen, dass der Senat überhaupt nicht auf unserer Spur ist“, sagte Hoyzers Anwalt Cato Dill auf der Rückfahrt nach Berlin. Wie hoch er die Möglichkeit eines Freispruchs einschätzt? „Die liegt bei null. Für uns wäre es schon ein sehr schönes Ergebnis, wenn der Senat das Verfahren an eine neue Kammer verweist.“

Wie schwer sich die Leipziger Richter mit Straffreiheit anfreunden können, machte Richter Rolf Raum schon in seinem einleitenden Vortrag deutlich. Tenor: Der Senat halte die Urteile des Landgerichts Berlin keineswegs für abwegig. Schneider hingegen hatte seine Vorbehalte schon vor der Verhandlung angemeldet, überraschend laut und öffentlich. Sein Vortrag am Dienstag erinnerte in Wortwahl und Ton zuweilen an ein juristisches Seminar. Unter den knapp 200 Zuschauern im Großen Saal saßen viele Studenten, Schneider sprach sie einmal auch persönlich an. Er watschte die Berliner Richterin Gerti Kramer genauso ab wie seinen eigenen Kollegen, den Berliner Staatsanwalt Hans-Jürgen Fätkinheuer (der ja auch auf eine Verurteilung wegen Betrugs plädiert und später seinen Revisionsantrag zurückgezogen hatte). Er kokettierte mit „meiner charmanten Betrugstheorie“ und nannte die Bundesanwaltschaft „die objektivste Behörde der Welt“. Ein paar Mal provozierte er Lacher im Publikum, als er die Richter persönlich ansprach: „Stellen Sie sich mal vor, Sie gehen in ein Wettbüro …“ Es war wenig zu spüren vom Respekt, den eine Institution wie der BGH für sich in Anspruch nimmt. Die Blicke der Richter wurden strenger, oft war die Andeutung eines Kopfschüttelns zu sehen. „So einen Auftritt vor dem BGH werde ich in meinem Juristenleben nicht mehr erleben“, sagte Astrid Koch, die Anwältin des ehemaligen Schiedsrichters Dominik Marks.

Für Hoyzer geht es um viel. Bestätigt der BGH das Urteil gegen ihn, muss er eine Haftstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten absitzen. Bewährung gibt es nur bei Strafen bis zu zwei Jahren. Eine Reduzierung der Strafe ist seit Dienstag vom Tisch. Einem entsprechenden Antrag der Verteidigung mochte sich nicht einmal der Bundesanwalt anschließen.

Lässt vielleicht die späte Urteilsverkündung am 15. Dezember auf ein gutes Ende für Hoyzer schließen? Eher nicht, sagt ein Anwalt. Der Senat war von Schneiders Vortrag nicht so überrascht wie die Öffentlichkeit, denn ein entsprechender Schriftsatz lag schon seit längerem vor. Hätte der Senat noch am Verhandlungstag eine Entscheidung gegen die Verurteilten verkündet, wäre das in Juristenkreisen wohl so interpretiert worden, wie es Ante Sapinas Verteidiger Nicolas Becker in seinem Schlusswort tat: „Ich habe den Eindruck, der Senat ist in dieser Angelegenheit schon fixiert.“ Diesem Vorwurf werden sich die Richter nach zweiwöchiger Bedenkzeit kaum aussetzen.

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