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Wann wird’s rot? Die kleinen Formel-1-Teams wie Sauber wollen sich nicht mehr länger kleinhalten lassen.

© dpa/Xhemaj

Unfairer Wettbewerb: Erst die Fifa, nun die Formel 1?

Die kleinen Teams in der Formel 1 begehren auf, sie sehen sich von den großen Rennställen benachteiligt. Greift nun sogar die EU-Kommission ein?

Ist nach der Fifa jetzt die Formel 1 dran? Diesmal soll nicht das FBI, sondern die EU-Wettbewerbskommission die seit langem festgefahrenen Strukturen und Abläufe aufbrechen. Schon in der letzten Saison hatte es von Seiten der kleinen Rennställe mit Sauber, Lotus und Force India an der Spitze immer wieder Hinweise gegeben, dass man überlege, bei der EU Beschwerde gegen einige Zustände in der Formel 1 einzulegen, die ihrer Ansicht nach dem Wettbewerbsrecht nicht entsprächen. Von der ungerechten Geldverteilung mit der klaren Bevorzugung der Spitzenteams bis hin zur inzwischen an vielen Stellen umstrittenen „Strategiegruppe“, in der auch nur die großen Teams zusammen mit dem Automobil-Weltverband Fia und dem kommerziellen Rechtehalter CVC über die zukünftige Ausrichtung der Formel 1 bestimmen.

Diesmal, so heißt es laut „Financial Times“ speziell aus Wirtschaftskreisen, würden die Teams nicht nur drohen, um noch intern Veränderungen zu bewirken. Sie seien tatsächlich bereit dazu, bei der EU-Kommission Klage einzureichen. Dabei spiele auch die Entwicklung in Sachen FBI-Ermittlungen gegen den Fußball-Weltverband Fifa eine Rolle. Nachdem sich die EU in diesem Zusammenhang von einigen Seiten vorwerfen lassen musste, sie habe da viel zu lange zu- und weggeschaut, hoffe man bei den potenziellen Formel-1-Klägern nun auf prompteres und entschlosseneres Handeln im eigenen Fall.

Wird das Wettbewerbsrecht in der Formel 1 verletzt?

Der letzte Anlass für das Aufbegehren der Underdogs sind die immer deutlicher werdenden Versuche der Strategiegruppe, die Finanzprobleme der Kleinen dadurch lösen zu wollen, dass man sie mit sogenannten Kundenautos fahren lässt, die sie bei den Großen kaufen müssten. Eine nach Ansicht vieler Experten eher kurzsichtige Idee, die den Großen noch mehr Geld und CVC ein paar positive Schlagzeilen in Richtung geplanten Börsengang bringen würden.

Bis vor kurzem hatte sich bei den Großen zumindest noch McLaren-Chef Ron Dennis gegenüber solchen Versuchen quergestellt. Er hatte immer wieder betont, Kundenautos entsprächen nicht dem Geist der Formel 1, es müsse sichergestellt bleiben, dass jedes Team sein eigenes Auto baue. Doch jetzt ist Dennis umgeschwenkt. Weil ihm die Idee Kundenautos zusammen mit der Tatsache, dass die Fia wieder einmal Neueinsteiger-Teams für 2016 oder 2017 sucht, ein Problem vom Hals schaffen könnte. McLaren hat viel Geld in die Nachwuchsförderung gesteckt, aber im Moment im eigenen Team, das von den Weltmeistern Fernando Alonso und Jenson Button besetzt ist, keinen Platz für zwei Riesentalente aus diesem Programm. Das sind der Däne Kevin Magnussen, derzeit McLaren-Ersatzfahrer, und der Belgier Stoffel Vandoorne, der derzeit in der GP2 allen um die Ohren fährt und für den man 2016 auch unbedingt ein freies Formel-1-Cockpit braucht. Für Dennis und McLaren könnte die Lösung so aussehen, dass man das seit Jahren in den unteren Kategorien bis zu GP2 sehr erfolgreiche französische ART-Team zu einem McLaren-B-Team in der Formel 1 macht. Mit Kundenautos ginge das schon für 2016, McLaren hätte Plätze für die Youngster – und die Fia und CVC könnten stolz verkünden, wieder ein neues Team in die Formel 1 geholt zu haben.

"Kundenautos sind ein Weg, der den Sport ins Grab führen kann"

Warum die Kleinen der Formel 1 von der Idee überhaupt nichts halten, fasst Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn so zusammen: „Niemand darf erwarten, dass er für fünf Millionen ein Auto kaufen kann. Das wird eine sehr teure Sache, also muss man dafür das Geld finden, und das wird noch schwieriger als für ein selbständiges Team.“ Außerdem: „Wenn man sich sein Kundenauto aussuchen kann, dann wird man das beste nehmen wollen. Was passiert also, wenn ein großer Name dann plötzlich ganz hinten ist, weil das ganze Feld aus Kundenautos besteht?“ Und was passiere, wenn der Hersteller dann entscheide, dass das Auto plötzlich nicht zehn, zwölf oder 20 Millionen kostet, sondern das doppelte, weil er so viel Geld in das Auto investiert hat? „Wenn du einmal Kunde bist, dann wirst du das nötige Know-how nicht schnell genug zurückbekommen, um wieder ein Konstrukteur zu werden“, sagt Kaltenborn. „Man ist also komplett abhängig.“

Formel-1-Urgestein Pat Symonds, einst zusammen mit Michael Schumacher bei Benetton, heute Technikchef von Williams, gibt ihr Recht: „Kundenautos sind ein Weg, der den Sport ins Grab führen kann. Wo liegt der Anreiz für ein Team, bei einem anderen ein Auto einzukaufen, womöglich noch eines mit veralteter Technik?“ Die verbleibenden Konstrukteure würden dann immer mehr Geld ausgeben, um sich zu bekämpfen. Und die Verlierer würden nach und nach aussteigen. „Es gibt aber keinen Ersatz mehr für sie. So bewegen wir uns irgendwann auf eine Einheits-Formel zu.“

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