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Sport: Unkontrolliert ins Stadion

Hooligans randalieren in Bratislava, weil das Sicherheitskonzept nicht greift

Am Grenzübergang Zinnwald, an der Europastraße 55, östlich von Chemnitz, stauten sich die Autos kurz vor den Kontrollhäuschen. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft spielte am Samstagabend in Bratislava, von geplanten Ausschreitungen war seit Wochen die Rede, und deshalb dachten manche Fans, „wir würden an der Grenze zu Tschechien knallhart kontrolliert“, wie einer am Tag danach sagte. „Aber da waren keine Kontrollen.“ Die Autos wurden durchgewinkt.

In Bratislava kam es nach Abpfiff zu Schlägereien, die Polizei setzte Schlagstöcke und Hunde gegen Randalierer ein. Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Gerhard Mayer-Vorfelder, bat am Tag danach bei den Gastgebern um Entschuldigung: „Man muss sich schämen. Das wirft ein schlechtes Bild auf Deutschland.“ Die Randale war zwar nicht so schlimm wie vor fünf Monaten in Celje, als 50 Deutsche in Slowenien verhaftet und Polizisten verletzt wurden. Dennoch kam es jetzt erneut zu Festnahmen; sechs Deutsche wurden in Bratislava verletzt, einer davon schwer.

Das Sicherheitskonzept der beiden Länder hatte nicht in allen Punkten gegriffen. Zwar wurden Hooligans, die über Österreich einreisen wollten, abgewiesen – der Weg über die Europastraße 55 durch Tschechien war jedoch frei. „Otto, wir sind trotzdem hier“, sangen deshalb einige Randalierer und meinten damit Innenminister Otto Schily, der auf der Tribüne saß und bei Risiko-Spielen stärkere Grenzkontrollen angekündigt hatte.

Viele der rund 400 Hooligans kamen aus der Region Leipzig, Halle und Dresden und fielen schon während des Spiels durch Nazi-Sprüche auf. „Wir sind wieder einmarschiert!“, sangen einige. Anders als sonst üblich waren die Spieler gar nicht erst nach Abpfiff in die Kurve gegangen, um sich bei ihrem Anhang zu bedanken. Wofür auch? Für die bengalischen Fackeln, die sie aufs Feld geworfen hatten? Für die rassistischen Schmähungen des eigenen Spielers Patrick Owomoyela? „Es ist traurig, was bei Auswärtsspielen stattfindet“, sagte Bastian Schweinsteiger.

In der Nacht blieb es in der Innenstadt von Bratislava ruhig, die slowakische Hooliganszene sei nicht erschienen, wie es in der Szene hieß. Anders als in Celje im März, wo die Randale am Mittag begann, durften diesmal deutsche Ermittler einreisen und Hooligans in der Innenstadt gezielt ansprechen. Die zuständige Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) hatte acht Beamte nach Bratislava geschickt. Ob auch Berliner in die Ausschreitungen nach Abpfiff verwickelt waren, als ein Zaun niedergerissen wurde, weil die Fans nicht 20 Minuten in ihrem Block warten wollten, ist unklar. „Das Gros kam aus Sachsen“, hieß es in Polizeikreisen.

Nach ersten Erkenntnissen waren Hooligans über Mittelsmänner in der Slowakei an Karten gekommen. Der DFB hatte nur 600 Karten verkauft, die Inhaber überprüft und das Ticket erst in Bratislava gegen einen Gutschein eingetauscht. In Bratislava sollten Deutsche keine Tickets mehr kaufen können. Doch Fans vor Ort berichten von einer weiteren Version, wie Hooligans doch ins Stadion kamen: „Die haben ein Tagesticket für Slowaken gekauft, sich dann als Deutsche zu erkennen gegeben und wurden von den Ordnern in den Gästeblock gesteckt.“

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