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Sport: Unreif für die Insel

In der EM-Qualifikation schafft Deutschland nur ein 1:1 in Schottland – und Berti Vogts lacht

Glasgow. Seine Lippen bewegten sich nicht. Als die deutsche Nationalhymne gespielt wurde, stand der ehemalige Bundestrainer Berti Vogts am Spielfeldrand und regte sich kaum. Als danach die schottische Hymne durch den Hampden Park von Glasgow hallte, verhielt sich Vogts nicht anders. Der schottische Nationaltrainer verschränkte sogar noch seine Arme vor dem Bauch, um emotionale Regungslosigkeit zu demonstrieren vor dem für ihn so wichtigen Match zwischen Schottland und Deutschland. Nach dem Spiel konnte Vogts dagegen Emotionen zeigen. Seine Mannschaft schaffte in einem gefühlsgeladenen Duell ein 1:1 (0:1). „Wir sind sehr zufrieden, dass wir uns einen Punkt erkämpft haben. Das war ein großer Tag für meine Mannschaft und den schottischen Fußball.“ Ein Tor von Fredi Bobic reichte den Deutschen nicht, um sich in der Qualifikation für die EM 2004 von den Schotten abzusetzen. Denn die Schotten konnten durch Kenny Miller ausgleichen und Anschluss halten.

Zunächst waren die Schotten vergeblich angerannt gegen die deutsche Abwehr und die eigene Erfolglosigkeit. Angetrieben von 52 000 frenetischen Zuschauern, die jeden Eckball wie einen verwandelten Elfmeter bejubelten, kämpften die schottischen Spieler ihre begrenzten spielerischen Möglichkeiten nieder und zwangen das deutsche Team in die eigene Hälfte. Doch für einen Erfolg gegen die in der Abwehr gut gestaffelten Deutschen reichte das vorerst nicht.

Der erste Angriff der Gäste führte schon zum Tor. Michael Ballack, der trotz einer Wadenverhärtung auflaufen konnte, aber weit unter Normalform agierte, spielte den Ball nach 22 Minuten auf die rechte Außenbahn. Von dort flankte Torsten Frings in den schottischen Strafraum, Herthas Neuzugang Bobic sprang hoch – Kopfball, Tor. Die 3000 mitgereisten deutschen Anhänger waren zum ersten Mal zu hören. Sie bejubelten ihr Team und riefen „Berti raus!“

Von nun an bestimmten die Deutschen das Spiel, ohne es allerdings zu gestalten. In der Defensive stellten sich Jens Jeremies am Boden und Arne Friedrich in der Luft den ungestümen schottischen Stürmern erfolgreich in den Weg. In der Offensive tat die Mannschaft nicht genug, um den Vorsprung auszubauen. Und so blieb ein Fernschuss von Bernd Schneider, den der schottische Torhüter Robert Douglas gerade noch abwehren konnte, der einzige weitere Aufreger in der ersten Halbzeit. Unnötig nur, dass sich Frings wegen eines Fouls eine Gelbe Karte abholte. Nach seiner zweiten Verwarnung in der Qualifikation fällt der Dortmunder Mittelfeldspieler am Mittwoch gegen die Färöer aus. Schmerzvoller als dieser Ausfall sah der Abgang von Tobias Rau aus. Der Mittelfeldspieler humpelte mit einer tiefen Risswunde nach einem bösen Foul des Glasgower Verteidigers Maurice Ross verletzt vom Platz. Dennoch sollte er Mittwoch spielen können.

Je länger das Spiel dauerte, desto härter wurde es. Höhepunkt mehrerer Rangeleien bildete ein handfester Streit zwischen Ballack und Christian Dailly. Die schottischen Zuschauer wurden immer lauter, die Spieler immer mutiger. Lohn war der Ausgleich: Mit einem sofort ausgeführten Freistoß überraschte Colin Cameron die deutsche Hintermannschaft. Der angespielte Miller hatte keine Probleme, den Ball ins linke lange Ecke zu schieben. Plötzlich stand es 1:1. „Die zwei Punkte, die wir verloren haben, müssen wir am Mittwoch holen“, sagte Teamchef Rudi Völler. „In den letzten 20 Minuten haben wir alle gemerkt, dass das Unentschieden zu wenig ist, und noch einige Chancen gehabt.“

Kurz vor Schluss mühten sich die deutschen Spieler wieder mehr. Ein Schuss von Christian Wörns flog knapp über das Tor hinweg. Und so blieb es beim Unentschieden. Die Schotten jubelten. Und Berti Vogts bewegte die Lippen. Er lachte.

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