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Unruheregion Xinjiang: 16 Grenzpolizisten bei Anschlag getötet

Die beiden Angreifer warfen Granaten und zückten Messer. Vier Tage vor Olympia-Beginn sind bei einem Anschlag in der Unruheprovinz Xinjiang 16 Polizisten getötet worden, wie die chinesischen Staatsmedien am Montag berichteten.

16 weitere Beamte seien bei dem Anschlag verletzt worden. Pekings Olympia-Organisatoren (Bocog) und Vertreter des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) sahen die Sicherheit der am Freitag beginnenden Spiele jedoch nicht in Gefahr.

Den offiziellen Berichten zufolge hatten zwei Männer am Montag Morgen in der Oasenstadt Kashgar die Sperre einer Polizeistation mit einem Lastwagen durchbrochen und die Polizisten, die gerade beim Sport waren, mit selbstgebauten Granaten und Messern angegriffen. 14 der Beamten seien sofort gestorben, zwei seien später ihren Verletzungen erlegen, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua. Über die Motive der Angreifer, die festgenommen später wurden, machte Xinhua keine Angaben.

Bocog-Sprecher Sun Weide erklärte, dass "noch geprüft" werde, ob es einen Zusammenhang zu den Olympischen Spielen gibt. Die Sicherheit für die Athleten und Teilnehmer in Peking sei jedoch nicht in Gefahr.Kashgar liegt an der historischen Seidenstraße und ist mehrere Tausend Kilometer von Peking entfernt. Der Chef der deutschen Olympiamannschaft und Generalsekretär des Deutschen Olympischen Sportbundes, Michael Vesper, erklärte im ARD-Hörfunk: "Wir fühlen uns hier sicher, die Sicherheitslage ist gut, und sie ist trotzdem nicht erdrückend, dass man sich nicht mehr bewegen könnte."

Auch das IOC sprach den Pekinger Olympia-Organisatoren das Vertrauen aus. "Was die olympischen Spiele angeht, vertrauen wir darauf, dass die Behörden alles Menschenmögliche tun werden, um eine sichere Veranstaltung zu gewährleisten", sagte IOC-Sprecherin Giselle Davies. Während der Olympischen Spiele sind in Peking mehr als 100000 Sicherheitskräfte im Dienst. Zum Schutz vor möglichen Luftangriffen wurden um das Nationalstadion militärische Raketen aufgestellt.

Die Autonome Region Xinjiang ist in China als Unruheherd bekannt. In dem Gebiet an der Grenze zu Pakistan und Zentralasien leben mehr als acht Millionen Uiguren, ein muslimisches Turkvolk, das sich seit Jahrzehnten mit der chinesischen Zentralregierung im Konflikt ist. Xinjiang wurde 1949 von Mao Zedong in die Volksrepublik einverleibt. Viele Uiguren fühlen sich seitdem von den Chinesen politisch und kulturell unterdrückt, manche träumen von der Wiederherstellung der früheren ostturkestanischen Republik.

Die Pekinger Regierung hatte im Vorfeld der Olympischen Spiele mehrfach vor möglichen Terroranschlägen durch Uiguren gewant. Seit Jahresanfang wurden offiziellen Angaben zufolge 82 uigurische Terrorverdächtige festgenommen. Im Mai und Juli waren bei Busexplosionen in den Städten Shanghai und Kunming insgesamt fünf Menschen getötet worden. Ein Bekennervideo einer sogenannten Islamistischen Partei Turkestans wurde von chinesischen und ausländischen Experten jedoch als nicht glaubwürdig eingestuft.

Menschenrechtsorganisationen und Experten werfen Peking jedoch vor, die Gefahr durch uigurische Separatisten absichtlich aufzubauschen, um Chinas hartes Vorgehen in der Region zu rechtfertigen. Laut Amnesty International sind Uiguren besonders Opfer von Menschenrechtsverletzungen: In den Gefängnissen werde systematisch gefoltert und gegen Uiguren überdurchschnittlich oft die Todesstrafen verhängt.

Exilgruppen wie der in München ansässige Weltkongress der Uiguren distanzieren sich seit Jahren vom Terrorismus und lehnen einen gewaltsamen Widerstand ab. Die Exiluiguren riefen im Gegensatz zu den Tibetern auch nicht zu Protesten bei Olympia auf. Der Sprecher des Weltkongresses, Dilxat Raxit, sagte gegenüber dpa, dass es keine Hinweise auf mögliche Hintermänner bei den Anschlägen gebe. Schuld sei vielmehr die Frustration der Uiguren über die restriktive chinesische Politik. "Viele Uiguren halten die Unterdrückung nicht mehr aus", erklärte Raxit.

Harald Maass[Peking]

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