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Sport: Unsere kleine Hütte

über die Deutschen und die Globalisierung des Fußballs Alles ist relativ, vor allem die Zeit. Einerseits haben wir das Jahr 1978 gerade erst hinter uns gelassen, andererseits liegt es tief im vorigen Jahrtausend.

über die Deutschen und die Globalisierung des Fußballs Alles ist relativ, vor allem die Zeit. Einerseits haben wir das Jahr 1978 gerade erst hinter uns gelassen, andererseits liegt es tief im vorigen Jahrtausend. Im Jahr 1978 war es, dass der deutsche Bundestrainer Helmut Schön bei der Auswahl seines WM-Kaders auf einen hoffnungsvollen Mittelfeldspieler verzichten musste, der aus nationaler Sicht nicht mehr tragbar war. Ulrich Stielike hieß der junge Mann. Sein Vergehen: Er hatte die Bundesliga verlassen, um für Real Madrid zu spielen. 27 Jahre später wäre der deutsche Fußball dankbar für jeden Spieler, der bei Real Madrid unter Vertrag stünde.

Wenn die Welt ein globales Dorf ist, dann haben sich die deutschen Fußballer in ihrer kleinen Hütte verschanzt. Für die Qualität des deutschen Fußballs ist das nicht unbedingt von Vorteil gewesen. Der internationale Fußball hat sich verändert, er ist rasanter geworden und effizienter, aber die Deutschen haben sich der Moderne lange verweigert. Es ist kein Zufall, dass der Aufbruch nun von einem Trainer verantwortet wird, der aus Los Angeles nach Deutschland einfliegt: Jürgen Klinsmann kommt aus den USA, jenem Land also, in dem das Wort Globalisierung anders als bei uns keine Gefahr verheißt, sondern einen süßen Klang hat.

Früher gab es nationale Fußballstile. Die Briten schlugen die Bälle hoch nach vorne, die Italiener verschanzten sich vor ihrem Tor, die Brasilianer dribbelten sich zu Tode, und die Deutschen kämpften ihre Gegner in Grund und Boden. Heute aber, da jeder europäische Topverein eine kleine Weltauswahl ist, können alle alles – zumindest ein bisschen: geschickt verteidigen, elegant dribbeln und ausdauernd rennen. Nur die Deutschen haben sich viel zu lange darauf verlassen, dass ihre Athletik für immer unerreicht bleiben würde.

Unser nationales Fußball-Selbstverständnis muss immer erst tief erschüttert werden, damit wir den Zwang zu Veränderungen erkennen. Das war im vorigen Jahr bei der EM so, als die Nationalmannschaft die Vorrunde nicht überstand. Das war auch 1978 so, als der amtierende Weltmeister sich bei der WM in Argentinien mit einem 2:3 gegen Österreich blamierte. Sechs Monate später war Uli Stielike wieder Nationalspieler.

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