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Sport: Unter Brüdern

Es kommt nicht oft vor, dass Dieter Hoeneß sein Mobiltelefon ausknipst. Der Manager von Hertha BSC hat in steigender Regelmäßigkeit was um die Ohren.

Es kommt nicht oft vor, dass Dieter Hoeneß sein Mobiltelefon ausknipst. Der Manager von Hertha BSC hat in steigender Regelmäßigkeit was um die Ohren. Gestern hat er Quartier bezogen im Trainingslager in Marbella, natürlich nicht ohne "mein halbes Büro". Weit nach Mitternacht war er in Südspanien gelandet, nachdem Hoeneß mittags in Berlin noch eben mal schnell den neuen Trainer für die kommende Saison vorgestellt hatte. Und schon ist Eile in der nächsten Personalie angesagt.

Carsten Jancker hat die Freigabe vom FC Bayern München erhalten. Weil der Stürmer ein Wunschspieler von Dieter Hoeneß ist, wird er sich dieser Tage ins Auto setzen und seinen Bruder Uli besuchen, den Manager des FC Bayern, der ganz in der Nähe für ein paar Nächte eine Herberge in Hanglage bezogen hat. Kurz vor Weihnachten hatte Dieter Hoeneß schon einmal angefragt, was denn mit dem Jancker sei, der spiele doch kaum in München und käme den Berlinern gerade recht. Den geben wir nicht her, hat Uli Hoeneß damals geantwortet, worauf sein Bruder "Alternativen entwickelte", wie er sagt. Seit Mittwoch nun weiß er, dass Jancker doch zu haben ist, und zwar sofort.

Was am Ende dabei herauskommen wird, weiß Dieter Hoeneß noch nicht. Akuten Handlungsbedarf habe Hertha nicht, "aber im Sommer wollen wir uns auf jeden Fall in der Offensive verstärken". Ali Daei verlässt den Verein, Michael Preetz hört wahrscheinlich auf. Nun steht Jancker plötzlich vor der Tür. Aber einen Transfer in dieser Größenordnung - die Rede ist von zehn Millionen Euro Ablöse - wickelt man nicht eben so ab, nicht mal unter Brüdern, erzählt Dieter Hoeneß. Zumal Hertha gar kein Geld hat oder Geld einnehmen kann. "Wir können so schnell doch gar keinen Spieler abgeben", sagt Dieter Hoeneß. Bis zum 15. Januar muss der Spieler auf die Transferliste stehen, zwei Tage später müssen die Unterlagen beim DFB liegen. "Natürlich ist der Carsten Jancker ein interessanter Spieler für uns", sagt Hoeneß. "Aber die Wahrscheinlichkeit, dass wir ihn noch in der Winterpause verpflichten, ist momentan sehr gering."

Einer, den Hertha liebend gern abgeben würde, ist Alex Alves. 15,2 Millionen Mark (7,8 Millionen Euro) hat der Brasilianer mal vor zwei Jahren gekostet. Gebracht hat er bis zur Stunde wenig, mal abgesehen von einem "Tor des Jahres" gegen den 1. FC Köln und ein paar unangenehmen Zwischenfällen, die sich natürlich herumgesprochen haben. "Mich ärgert, dass der Alex nicht in der Lage ist zu begreifen, dass er für sein Schicksal selbst verantwortlich ist", sagt Hoeneß. "Er muss jetzt kommen und Signale setzen." Das erste im neuen Jahr ging schon mal nach hinten los. Alex Alves meldete sich mit brasilianischer Verspätung aus dem Weihnachtsurlaub zurück. Wenn sich doch bloß ein Interessent finden ließe ...

Auch darüber wird Dieter Hoeneß in den nächsten Tagen mit dem neuen Trainer Huub Stevens reden. Mittelfristig steht eine Verjüngung des Spielerkaders an. Mit dem scheidenden Trainer Jürgen Röber hat Hoeneß andere Dinge zu besprechen. Etwa die behutsame Integration der zuletzt verletzten Stefan Beinlich und Sebastian Deisler. Beinlich trainiert schon wieder mit der Mannschaft, Deisler wird hier am Sonntag in Marbella erwartet. "Das stellt uns doch vor keine Probleme", sagt Hoeneß. "In dieser Angelegenheit entscheidet allein Jürgen Röber. Wenn er sich mit mir beraten will - bitte." Am Ende zähle nur der Erfolg, aber genau den hatte Hertha zuletzt ohne die beiden Spielgestalter. Bis zum ersten Bundesligaspiel am 27. Januar in Dortmund ist noch Zeit.

In Sachen Carsten Jancker aber pressiert es. Hoeneß muss sich beeilen. Und wenn er den Weg hinauf in die Berge zum Bruder scheut - wie gut, dass es Mobiltelefone gibt.

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