zum Hauptinhalt
Die Cheerleader stehen in der NFL am Ende der Gehaltsliste.

© dpa

Cheerleader in der NFL: Unterbezahltes Kulturgut

Viele Mädchen träumen in den USA davon, Cheerleader zu sein. In der National Football League wird aus diesem Traum jedoch schnell ein Alptraum. Der Einsatz ist hoch, die Bezahlung gering. Deshalb gibt es nun Klagen.

Cheerleader gehören zum American Football wie Touchdowns und die Barbecues vor den Stadien. Dennoch stehen viele Cheerleader in der Gehaltsliste der National Football League NFL ganz unten. Dagegen setzen sie sich jetzt zur Wehr gesetzt, Cheerleader von fünf Teams sind gerichtlich gegen ihre Clubs vorgegangen und haben diese wegen Verstoßes gegen das Mindestlohn-Gesetz verklagt. Die Oakland Raiders einigten sich Anfang September mit ihren weiblichen Entertainern der vergangenen vier Jahre auf eine Zahlung von 1,25 Millionen Dollar. Unter dem alten Kontrakt verdienten die ewig lächelnden und top durchtrainierten Girls in knappen Kleidern fünf Dollar pro Stunde, der neue Deal bringt ihnen vier Dollar mehr ein.

Auch bei den Cincinnati Bengals, Tampa Bay Buccaneers und New York Jets scheint eine Einigung absehbar. Bei den Buffalo Bills indes sind die Fronten seit der Klage von fünf Mitgliedern der „Jills“, wie die Cheerleader heißen, verhärtet. Erstmals in der Clubgeschichte gibt es in dieser Saison keine Mädchen und Frauen mit wedelnden Pompons am Spielfeldrand. Der Verein verweist darauf, dass man die Cheerleader bereits 1985 ausgegliedert habe und seitdem Subunternehmer für sie verantwortlich seien. Letztere betonen indes ebenso wie die Cheerleader selbst, dass die Bills nach wie vor einen großen Einfluss haben. „Das Team hat uns vorgeschrieben, wie wir zu gehen, uns zu benehmen, was wir zu sagen und zu tragen haben. Nicht nur auf Arbeit, sondern auch in unserer Freizeit“, sagt Maria. Das sie nicht ihren kompletten Namen nennt, ist in der Branche so üblich, um die Cheerleader vor Stalkern zu schützen. Maria hat sich mit ihrer Geschichte ebenso an die Öffentlichkeit gewandt, wie Alyssa. Beide waren in der Vorsaison bei den Jills. Sie behaupten, dass der Verein sie nicht als Angestellte ansehe, sondern als unabhängige Unternehmer - und laut Bundesgesetz sind eben solche nicht berechtigt, den im Bundesstaat New York vorgeschriebenen Mindestlohn von acht Dollar/Stunde zu beziehen. 

Cheerleader aus Buffalo: "Wurden finanziell und sexistisch ausgenutzt"

Beide betonen, dass sie ausgenutzt worden seien - nicht nur finanziell, sondern auch sexistisch. Wie, das wurde in einem Artikel der „New York Times“ publik. Unter anderem von speziellen Turnübungen in Bikinis während eines Sponsoren-Golfturniers ist da die Rede. „Tips for Flips“ (Trinkgeld für Salto rückwärts) nannten es die finanzkräftigen Männer, die den Cheerleadern zudem anboten, auf ihrem Schoß sitzen zu können, weil auf den Golfwagen kein Platz mehr frei war.  Maria und Alyssa wussten, dass sie für ihre Arbeit nicht entlohnt werden. So stand es in den Verträgen, die sie unterzeichneten. Diese wiederum verstoßen jedoch gegen das New Yorker Mindestlohn-Gesetz. Und deshalb haben sie Klage eingereicht und fordern, dass ihre Arbeit von 840 Stunden pro Person und Jahr vergütet wird.

„Wir waren die Witzfiguren der NFL-Cheerleader“, sagt Alyssa. „Wir verdienen es, genau wie jeder andere auch, bezahlt zu werden.“ Alles, was sie vom Club bekamen, war ein Parkplatz-Ticket. Die Kosten von 650 Dollar für Kostüme sowie weitere finanzielle Aufwendungen für Reisen, Frisuren, Makeup, Lippenstifte oder Nagellack mussten sie alleine tragen. Alyssa kam durch Trinkgeld und kleine Auftrittsgagen auf 420 Dollar, Maria strich 105 Dollar ein. Das Mindestgehalt eines NFL-Profis beträgt 412 000 Dollar. Liga-Boss Rogel Goodell strich 2012 insgesamt 44 Millionen Dollar ein. Um die 35 Cheerleader der Jills zu bezahlen, wären von den Proben im April bis zum Super Bowl im Februar 235 000 Dollar nötig - weniger als ein Tausendstel des jährlichen Bills-Einkommens von 252 Mio. Dollar.

Paul Secunda spricht von einem „blauen Auge für die Liga“, wenn er über die Klage redet. Es gebe seitens der NFL keinen Grund, so zu handeln, meint der Professor für Arbeitsrecht an der Marquette University mit Blick auf den jährlichen Liga-Gewinn von rund zehn Milliarden Dollar. Die NFL hält sich aus der Debatte heraus. Cheerleader, das seien Angelegenheiten der Teams, heißt es aus dem Liga-Büro in New York.  Maria, für die Cheerleading einst ein Traum war, spricht längst von einem Alptraum. „Wir möchten, dass die Bills-Fans und die Kommune wissen, was wir durchgemacht haben. Sie feuern die Bills genauso an, wie wir es einst getan haben. Aber sie haben keinen Blick hinter die Kulissen“, sagt sie. Ob Maria, Alyssa und die anderen drei klagenden Cheerleader in Buffalo mit ihrem Problem Gehör finden, ist derzeit fraglich. Die Bills können erstmals seit 1999 wieder die Playoffs erreichen. Die Stimmung ist auch ohne die Hingucker in knappen Kleidern am Spielfeldrand bestens. The Show must go on. (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false