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© AFP

US Open: Justine Henins Triumphreise ins Ich

Nach einem schwierigen Jahr gewinnt eine gelöste Justine Henin die US Open im Tennis. Die Belgierin präsentierte sich austrainierter als je zuvor.

Die grauen Rauchschwaden hingen noch schwer im Arthur-Ashe-Stadium, als Justine Henin und Swetlana Kusnezowa den Platz betraten. Das eigentliche Feuerwerk hatte bereits vor dem Frauenfinale der US Open in New York stattgefunden. Amerikaner wissen, wie man sich feiert, und sie taten es wie gewohnt mit viel Brimborium, dem üblichen Pathos und eben einem leuchtend-bunten Knall. Und das, obwohl mit Venus Williams die letzte Lokalheldin im Halbfinale an Henin gescheitert war und damit zum fünften Mal in Folge das Endspiel ohne amerikanische Beteiligung stattfand. Trotzdem waren 23 700 Zuschauer gekommen – sie hofften am Samstagabend auf ein spannendes Drama und mussten sich doch mit einem schlichten Zweiakter mit vorhersehbarem Ausgang begnügen. Nicht einmal anderthalb Stunden benötigte Henin, um die Russin mit 6:1 und 6:3 zu bezwingen und nach 2003 erneut in New York zu triumphieren.

Mit ihrer einhändigen Rückhand, Henins stärkster Waffe, setzte sie Kusnezowa von Beginn an unter Druck und bestrafte die schwache Beinarbeit der Russin ein ums andere Mal. Henin war dagegen anzusehen, dass die Arbeit mit ihrem neuen Fitnesscoach gefruchtet hatte. Die mit 1,67 Meter und 57 Kilogramm eher als Leichtgewicht einzuschätzende Henin wirkte stärker und austrainierter denn je. Die Belgierin bot Kusnezowa zwar einige Möglichkeiten, die Partie etwas ausgeglichener zu gestalten, doch die Weltranglistenvierte ging allzu fahrlässig mit ihnen um und war nie in der Lage, das Tempo Henins mitzugehen: „Gegen die Topspielerinnen muss man die wenigen Chancen nutzen. Ich war einfach nicht gut genug und viel zu nervös“, gestand die Unterlegene ein.

Ein wenig nervös wurde Henin selbst auch, als sie zum Matchgewinn aufschlug. Drei Doppelfehler unterliefen ihr und ebenso viele Breakbälle musste sie abwehren, bevor sie doch noch überglücklich die Arme in die Höhe recken durfte. „Ich habe plötzlich gespürt, wie dicht ich vor dem Gewinn der US Open stand. Aber ich habe am Ende gezeigt, wie sehr ich diesen Sieg wollte“, erklärte Henin, die sich nach dem Matchball sofort ihren Weg durch die Zuschauerränge bahnte, um sich bei ihrem Trainer Carlos Rodriguez, der sie seit ihrem 14. Lebensjahr betreut, mit einer innigen Umarmung zu bedanken. „Nur Carlos und ich wissen, wie hart die letzte Zeit gewesen ist. Er hat immer an mich geglaubt und mich angetrieben“, sagte die 25-Jährige und fügte hinzu: „Das ist vielleicht mein wichtigster Titel. Nicht viele haben mir zugetraut, bei dieser Auslosung hier zu gewinnen. Aber ich habe es ihnen und vor allem mir selbst bewiesen. Darauf bin ich sehr stolz.“

Zu Beginn des Jahres musste sie die Trennung von ihrem Mann verkraften, aus dem privaten Rückschlag scheint sie nun gestärkt hervorgegangen. Mit ihrer Familie, mit der sie sich zu Zeiten ihrer Ehe überworfen hatte, ist sie inzwischen versöhnt: „Ich habe zu mir selbst gefunden und bin einfach glücklich. Meine Familie ist endlich wieder ein Teil meines Lebens, und sie gibt mir Halt. Ich kann einfach ich selbst sein, bin viel offener und erwachsener geworden. Das sieht man mir auch auf dem Platz an.“

Besonders mit ihren Siegen gegen die beiden Schwestern Venus und Serena Williams hatte Henin in New York eindrucksvoll ihre neue Stärke demonstriert. Vor ihr war es keiner Spielerin gelungen, beide bei einem Grand-Slam-Turnier zu besiegen und danach auch den Titel zu gewinnen. „In den letzten Jahren habe ich nicht genug an mich geglaubt, mir nicht vertraut. Ich habe immer noch Respekt, aber ich habe keine Angst mehr“, erklärte Henin. Weniger Respekt zeigten allerdings die Williams-Schwestern nach ihren Niederlagen vor der Leistung der Belgierin. Serena sagte, Henin habe einfach nur Glück gehabt, Venus schob eine mysteriöse Krankheit vor. Gehandicapt hatte diese im Match jedoch nicht gewirkt. Doch Henin tat es mit einer gelassenen Handbewegung ab, auch etwas, was sie gelernt hat: „Es sind viele Dinge in meinem Leben passiert. Ich bereue nichts und schaue nur nach vorne. Wer weiß, was die Zukunft mir noch bringt. Im Moment traue ich mir alles zu.“

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