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Olympische Eheringe. Valentin und Lisa Altenburg spielen sich in Rio die Bälle zu. Die dreijährige Tochter kommt auch noch nach.

© REUTERS

Hockey bei den Olympischen Spielen: Valentin Altenburg: Die Interims-Hoffnung

Als Hockey-Trainer tritt Valentin Altenburg ein schweres Erbe an. Aber bei den Spielen in Rio könnte er aus dem Schatten seines Vorgängers heraustreten.

Eigentlich hätte Valentin Altenburg allen Grund, angespannt oder sogar verkrampft zu sein. Der 35-Jährige debütiert in Rio als Bundestrainer der Hockey-Männer und Nachfolger von Nationalcoach Markus Weise, der zuletzt drei Mal olympisches Gold gewann – einmal mit den deutschen Frauen, zweimal mit den Männern – und Ende des vergangenen Jahres überraschend vom Deutschen Fußball-Bund als Leiter der neuen DFB-Akademie abgeworben wurde. Der Druck auf Altenburg ist also größer als bei allen anderen deutschen Olympiatrainern, die Hockeyteams gelten wie immer auch in Rio als Medaillengaranten. Der Hamburger aber scheint Olympia in vollen Zügen genießen zu wollen: Vor dem 6:2-Auftaktsieg gegen Kanada am Samstag sang er die Nationalhymne lauthals mit.

Altenburgs Vertrag läuft nach den Spielen von Rio aus, der Deutsche Hockey-Bund (DHB) will die Kandidatensuche dann neu starten. Der Männer-Bundestrainer würde wie zuvor U-21-Bundestrainer werden. In Rio bezeichnete Altenburg diese Art von Kurzzeitverträgen zwar als „Schwachsinn“. Er weiß aber auch, dass er selbst die besten Argumente für ein längerfristiges Arbeitsverhältnis liefern kann. Gewinnen die deutschen Männer eine Medaille oder gar das dritte Gold in Serie, dürfte Altenburg Männer-Coach bleiben. Auf diesem Weg will er am heutigen Montag den nächsten Schritt machen, dann trifft Deutschland um 16 Uhr auf Indien. Die deutschen Frauen – im Kader steht auch Altenburgs Ehefrau Lisa – starteten am Sonntagabend mit einem 1:1 gegen China ins Turnier. Die dreijährige Tochter des Paares soll mit den Großeltern im Laufe der Spiele auch noch nach Rio reisen.

Altenburg hat nicht gezögert, als es darum ging, das gewaltige Erbe von Markus Weise anzutreten. Der 53-Jährige war eine unbestrittene Autorität, ein so erfahrener wie erfolgreicher Coach und begnadeter Motivator. Altenburg nimmt wohl oder übel eine andere Rolle an: Mit seinen 35 Jahren ist er kaum älter als viele seiner Spieler, der deutsche Kapitän und zweimalige Olympiasieger Moritz Fürste ist nur vier Jahre jünger. Weise trat gegenüber Spielern und Reportern bisweilen knurrig und auch konfrontativ auf, Altenburg agiert eher moderierend. Auch wenn er gleich bei seinem Amtsantritt klar machte, auch eigene Ideen in das funktionierende deutsche Team einbringen zu wollen. Niemand sei gesetzt, sagte er, alles werde „auf null gestellt“ und eine „neue Dynamik“ bekommen.

"Die Vorbereitung auf Rio hat Spaß gemacht"

Natürlich warf Altenburg aber nicht alles beim Olympiasieger über den Haufen. Er arbeitet seit elf Jahren als Jugendcoach beim DHB, kennt alle Spieler, Trainingsformen und Spielstrategien also bestens. Er sieht sich nicht als Einzelkämpfer, sondern vertraut auf seinen eingespielten Trainer- und Betreuerstab. Ganz nach Weises Vorbild will er auch die Eigenverantwortung und Individualität seiner Spieler fördern: Seinem Vorgänger schwebte immer eine Mannschaft vor, die auf dem Feld autonom auf jeden Gegner und jede Situation reagieren kann. Bei diesem Olympia-Turnier ist es sogar noch wichtiger als bei vergangenen Sommerspielen, schnell zu handeln und individuell schwer ausrechenbar zu sein: Zum einen wurde Viertelfinalspiele eingeführt, auf dem Weg zur Medaille muss ein K.-o.-Spiel mehr als bisher überstanden werden. Zudem werden die Spiele nicht wie bisher in zwei Halbzeiten à 35 Minuten ausgetragen, sondern in Vierteln à 15 Minuten. Damit sind effektiv zehn Minuten Spielzeit weggefallen, es bleibt weniger Zeit zum Taktieren – und ein persönlicher Geistesblitz kann von entscheidender Bedeutung sein. „Individualität im Training ist ein Schlüssel zum Erfolg“, sagt Altenburg.

Einen leichten Start hatte Altenburg nicht. „Die Vorbereitung auf Rio hat Spaß gemacht, war aber nicht einfach“, gibt er zu. Trainer und Team hätten sich schnell finden müssen: „Am Anfang haben die Ergebnisse nicht gestimmt und wir haben ziemlichen Schrott gespielt.“ Diese Phase scheint pünktlich zu Olympia aber abgeschlossen zu sein. Valentin Altenburg kann es sich also leisten, seinen Job zwischendurch einfach auch mal zu genießen. Schließlich könnte es ja sein, dass er in knapp zwei Wochen in seine alte Position als U-21-Coach zurückkehren muss.

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