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Im Berliner Olympiastadion könnten 2020 drei EM-Spiele stattfinden.

© dapd

EM 2020: Vereinigte Stadien von Europa

Michel Platini hat sich durchgesetzt. Die EM 2020 findet in mehreren Metropolen Europas statt. Die UEFA verspricht sich davon eine riesige Fußball-Party über den ganzen Kontinent verteilt - auch in Berlin oder München?

Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin. Das Fanmotto für das alljährliche Pokalfinale im Olympiastadion könnten bald Fußballanhänger aus ganz Europa rufen. Die Chancen stehen außerordentlich gut, dass 2015 hier das Finale der Champions League stattfindet; Berlin hat sich lange um das größte Finale des europäischen Vereinsfußballs beworben. Die sportpolitisch größere Sensation ist: Die EM 2020 soll nach dem Willen des europäischen Verbandes Uefa „in mehreren Hauptstädten“ und anderen Großstädten Europas stattfinden und nicht mehr nur in einem oder zwei Ländern wie bisher. Berlin gilt auch hier intern als einer der Favoriten, aber auch München hat bereits Interesse gezeigt. „Wir werden uns auf jeden Fall mit einer deutschen Stadt bewerben“, sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Denkbar ist die Austragung in 12 oder 13 Städten sowie eine einwöchige Finalrunde. Favorit hierfür wäre Istanbul, da sich die Türkei auch um die ganze EM bewerben wollte. Allerdings ist Istanbul schon aussichtsreich im Rennen um die Olympischen Sommerspiele 2020. Das Exekutivkomitee der Uefa hat sich auf seiner Sitzung in Lausanne zu einem europaweiten Turnier entschlossen. Die EM 2020 wird bei ihrem dann 60. Jubiläum das Motto „Euro für Europa“ tragen. „Wir werden bei der EM 2020 die größte Party feiern, die je bei einer Europameisterschaft gefeiert wurde“, meinte Uefa-Generalsekretär Gianni Infantino.

„Eine gemeinsame EM ist ein gutes Zeichen für Europa“, sagte Deutschlands Uefa-Vertreter Theo Zwanziger am Donnerstagabend dem Tagesspiegel. Angesichts der Finanzkrise könne man etwa in Italien keine öffentlichen Zuschüsse mehr für den Stadionbau erwarten. Der ehemalige DFB-Präsident Zwanziger, der den deutschen Fußball in internationalen Gremien vertritt, schränkte aber ein: „Wichtig wird es sein, dass die Wege für die Fans nicht zu lang werden.“ Dies müsse im Ausschreibungsverfahren berücksichtigt werden. Nun geht es erst einmal darum, ein detailliertes Konzept für die Mammut-Veranstaltung zu entwickeln. Genaueres soll im März 2013 auf der übernächsten Sitzung der Uefa-Exekutive beschlossen werden. „Ich halte diese Entscheidung in Zeiten eines vereinten Europas für gut“, sagte Karl-Heinz Rummenigge in seiner Funktion als Chef der europäischen Klub-Vereinigung ECA. Man könne so auf bestehende Strukturen zurückgreifen. Der Bewerbungsprozess für die Ausrichtung beginnt Anfang des kommenden Jahres und dauert zwölf Monate. Die Entscheidung, wer an der EM beteiligt sein wird, fällt im Frühjahr 2014, sagte Infantino. Sein Vorgesetzter, Uefa-Präsident Michel Platini, gilt als der Urheber dieser Idee. Sie geht zurück in eine Zeit, als der Franzose im Januar 2007 in einer Kampfabstimmung gegen den Schweden Lennart Johansson zum Uefa-Präsidenten gewählt wurde. Zu verdanken hatte er seine Wahl damals vor allem den kleineren Nationalverbänden, denen er im Wahlkampf mehr Einfluss versprochen hatte. So konnte Platini durchsetzen, dass diese kleineren Verbände mehr feste Startplätze in der Champions League erhalten. Zudem warb er schon damals offensiv mit der Idee, die EM-Endrunde künftig mit 24 statt mit 16 Teilnehmern durchzuführen. Dieses wurde bereits 2008 beschlossen und betrifft erstmals die EM 2016, die in Platinis Heimat Frankreich stattfindet.

Durch die Aufstockung des Teilnehmerfeldes werden auch schon die Dritten der jeweiligen EM-Qualifikationsgruppen, die zumeist aus sechs Mannschaften bestehen, bei der Endrunde dabei sein. Dort wird also beinahe die Hälfte aller 53 Uefa-Mitglieder teilnehmen. Das bedeutet organisatorisch einigen Aufwand. So muss das Turnier um eine Woche auf vier Wochen verlängert und um die Achtelfinalspiele im K.-o.-System erweitert werden. Platinis Reformwirken stößt nicht immer auf breite Zustimmung. So wurde ihm von einigen Ländern übel genommen, dass er bei der Vergabe der WM 2022 als Europavertreter für Katar gestimmt hat. Sein jüngster Vorstoß, die EM-Endrunde über den ganzen Kontinent zu streuen, hat aber auch damit zu tun, dass der 57-Jährige mit den Bewerbern für 2020 nicht glücklich war. Hierbei handelt es sich um die Türkei, Georgien zusammen mit Aserbaidschan sowie das Trio Schottland, Irland und Wales. Der türkische Vertreter in der Uefa-Exekutive, Senes Erzik, stimmte gestern als einziger gegen das Vorhaben der Europa- EM. Die Türkei könnte aber dadurch entschädigt werden, dass die Halbfinals und das Endspiel in Istanbul stattfinden. Für die Ewigkeit soll die EM auf dem gesamten Kontinent allerdings nicht sein. „Die Entscheidung gilt nur für 2020. Das wird nicht immer so sein“, sagte Platini. Ist es also eine einmalige Sache? Platini antwortet darauf: „Stand heute ist für die Zukunft alles offen.“

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