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Sport: Viel Beton im Grunewald

Rot-Weiß sucht für sein teures Tennisstadion nach einer Alternative zu den German Open

Berlin - Ein Scheich flaniert in orientalischer Kleidung am Klubhaus vorbei, auf riesigen Schautafeln sieht man modernste, sogar futuristische Architektur und Luxushotels mit märchenhaftem Ambiente. Sandstrände erstrecken sich auf den Fotos scheinbar endlos weit, und an irgendeinem Stand unter Palmen kann man eine Reise nach Katar buchen. So könnte die Szenerie ja noch im Mai 2007 aussehen auf der Anlage des Tennisklubs LTTC Rot-Weiß. Dort, wo die Katar German Open Berlin, das hoch dotierte Frauen-Turnier, ausgespielt werden. Die Katarer, die das Turnier vom Deutschen Tennis Bund (DTB) kauften, haben ja angedeutet, dass sie nicht automatisch ab 2006 die Veranstaltung aus Berlin abziehen. Und dass sie in Berlin für Katar, das Reiseland, werben wollen.

Aber im Mai 2008? Was passiert dann auf der Anlage? Der Vertrag zwischen Rot-Weiß und dem DTB über das Turnier läuft 2007 aus, spätestens dann ist der DTB dem Berliner Klub nichts mehr schuldig. Doch der steht weiterhin da mit seinem sündhaft teuren Stadion, für damals 20 Millionen Mark gebaut, nur damit Top-Spielerinnen nach Berlin kommen. Ein Beton-Ruine an der Hundekehle? Hans-Jürgen Jobski lehnt sich im Klubrestaurant leicht zurück, dann sagt der Vorsitzende von Rot-Weiß: „Auch ab 2008 soll in Berlin hochwertiges Tennis gespielt werden. Wir haben schon Ideen für Alternativen.“ Ja? Und welche? Die nennt Jobski nicht. Er sagt bloß: „Vielleicht wird es eine Veranstaltung, für die man keine Lizenz benötigt.“ Ein klassisches Einladungsturnier also? Jobski: „Nicht unbedingt. Vielleicht wird es eine Veranstaltung, die man aufbauen muss, die es so bisher nicht gibt.“

Das könnte jetzt Taktik sein. Jobski will einfach eine gute Idee noch nicht preisgeben. Es könnte aber auch schlicht Hilflosigkeit sein. Die Flucht ins Ungefähre, weil die Details zu unbequem sind. Denn schon jetzt kann man erahnen, dass ab 2008 die Lage ziemlich düster aussieht. Jedenfalls für große sportliche Pläne von Rot-Weiß.

Denn eines sagt Jobski dann doch sehr deutlich: „Der Verein wird auf keinen Fall eine solche Veranstaltung organisieren.“ Der Verein hat mehrere Millionen Euro Schulden, der Verein leidet noch unter den Folgen der Großmannssucht, als er sich eine extrem teure Bundesliga-Mannschaft geleistet hat. Damals verdiente Markus Zoecke als Spitzenspieler rund 250 000 Mark im Jahr. Der Verein entschärft gerade seine Situation durch einen Kredit, den ein Industrieller Rot-Weiß eingeräumt hat. Die Rückzahlung ist erst in vielen Jahren fällig. Dafür darf der Geldgeber aber jetzt zwei Tennisplätze für sich benutzen. Dort sollen bald Golfer das Putten üben. „Wir werden nie mehr ein unüberschaubares Risiko im Profisport eingehen“, sagt Jobski. Also müssen Sponsoren her. „Wir lassen gerade eine Agentur sondieren, wie groß das Sponsoren-Interesse ist.“

Es wird sich in Grenzen halten. „Schon die German Open als Topturnier waren über Sponsoren nicht dauerhaft zu finanzieren“, sagt Christian Pirzer. Er ist Deutschland-Chef von IMG, seine Firma hat jahrelang die German Open vermarktet. Bis IMG 2003 ernüchtert ausstieg. „Ohne große Namen ist da erst recht nichts zu verdienen“, sagt Pirzer. Die ARD zog sich nach erschütternden Quoten ganz zurück, der Regionalsender RBB zeigte zuletzt nur ein paar Beiträge vom Turnier, mit Fernseh-Präsenz, die Sponsoren anlocken, kann Jobski also kaum rechnen. Andererseits kann der Klubchef auch nicht einfach alle Pläne ersatzlos streichen. Der Verein soll etwas bieten.

Jährlich ein internationales Turnier bei Rot-Weiß ist eine Art Vorgabe. Theoretisch könnte das auch ein internationales Jugendturnier sein, bei dem französische, italienische und belgische Talente antreten. Vor dann vermutlich 58 Zuschauern. Nur sieht so nicht die Vision eines Hans-Jürgen Jobski und seiner Vereinsmitglieder aus. Schließlich muss ja die Existenz des Stadions gerechtfertigt werden. Allein die Wartung der Tribünen kostet mehrere tausend Euro pro Jahr. Und die Finanzierung des Stadions war hoch umstritten.

Aber Jobski hat gelernt aus den unruhigen Zeiten im Klub. Er klammert sich nicht sklavisch an ein tolles Turnier. „Wenn es kein Geld gibt dafür“, sagt er, „dann wird kein großes Turnier stattfinden. Wir können ja kein Geld drucken.“

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