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Christoph Daum soll 250.000 Euro im Monat verdienen.

© dapd

Visionen und Fantasien: Daums erstes Training in Frankfurt

Christoph Daum tritt bei Eintracht Frankfurt an – und versetzt den Verein in den Ausnahmezustand. 2000 Zuschauer verfolgten das Training, der Hessische Rundfunk berichtete live. Daum versprach, sich nun "25 Stunden am Tag" für den Klassenerhalt einzusetzen.

Ganz vorne links vor dem Podium hatten sich Peter Fischer und Wilhelm Bender platziert: der Präsident und Aufsichtsratsvorsitzende der Frankfurter Eintracht, zwei honorige Herren, deren Bekanntheitsgrad im Grunde nicht über Frankfurt hinausreicht. Sie schienen vor Stolz fast zu platzen ob des Blitzlichtgewitters, das einem Trainer ihres Bundesligavereins galt. Hätte im fensterlosen Presseraum der Frankfurter Arena nur noch gefehlt, Fischer und Bender hätten selbst eine Pocketkamera gezückt, um den historischen Augenblick festzuhalten.

Mit der Ankunft von Christoph Daum, so viel steht seit dem gestrigen Tage unweigerlich fest, hat in Frankfurt eine neue Zeitrechnung begonnen. Daum steht für Eloquenz und Extravaganz, Selbstbewusstsein und Selbstinszenierung. Diesbezüglich übertraf sich der Mann bei seiner fast einstündigen Vorstellung mal wieder selbst. „Das Potential und die Perspektive in Frankfurt sind großartig“, führte der im grauen Anzug und rosa Hemd erschienene Daum vor dem Dickicht der Mikrofone aus. Schnell wolle man den Klassenerhalt schaffen und dann, so Daum allen Ernstes, „das internationale Flair in diese Stadt zurückholen. Das sind Zukunftsvisionen, aber Visionen schaffen Fakten.“

Man spürte förmlich, wie der neben ihm platzierte Vorstandschef Heribert Bruchhagen bei diesen großspurigen Ankündigungen einige Zentimeter kleiner wurde. Gleichwohl hat Bruchhagen diese Lösung ja gewollt, „seine Zuversicht soll auf den ganzen Verein übergreifen“, sagte der 62-Jährige. Der Eintracht-Boss fügte stolz an, dass „wir beide uns ganz schnell, ohne Berater und Juristen, geeinigt haben – das geht heutzutage auch noch“. Doch dass der wertkonservative Bruchhagen und der undurchsichtige Charakter Daum plötzlich zusammenpassen wollen, darf als nächste Verrücktheit dieser Saison gelten.

Der 57-jährige Daum, der sich nach seiner Entlassung bei Fenerbahce Istanbul zuletzt mit wochenlangen Hospitanzen in England und Südamerika weitergebildet hat, soll für das vorerst bis Saisonende befristete Engagement ein kolportiertes Monatsgehalt von 250 000 Euro erhalten, ehe im Erfolgsfall eine weitere zweijährige Zusammenarbeit besiegelt werden kann. Mit Daum kehrt eine der eigenwilligsten Persönlichkeiten der Liga ins Rampenlicht zurück, der 2000 eine Haarprobe mit Kokainbefund abgab oder 2007 im Mittelkreis des Kölner Stadions seine Frau Angelica ehelichte.

Als er am Nachmittag im dunkelblauen Trainingsanzug den sonnenüberfluteten Trainingsplatz vor etwa 2000 Zuschauern betrat, brandete tosender Beifall auf. Die lockere Einheit wurde mal gleich live im Hessischen Rundfunk übertragen. Der eigenwillige Instruktor sog diese Aufmerksamkeit ein wie ein Durstiger einen Schluck Wasser. Und versprach, „25 Stunden am Tag“ für die neue Aufgabe dazu- sein. Er habe zwar gerade eine neue Villa in Köln-Hahnwald bezogen, doch die Familie müsse nun zurückstecken, lächelnd beschied er: „Denen habe ich zuhause Bilder aufgestellt. Die können sich auch ein Video von mir ansehen, aber ich komme nur am Sonntag zum Kaffee kurz zurück.“ Der psychologisch geschulte Einpeitscher, der bei Consulting-Firmen genauso gerne referiert wie bei Kreissparkassen, weiß halt, welche Worte wirken. Etwa stets parate Sätze wie diese: „Wenn der Kopf richtig funktioniert, ist das wie ein drittes Bein, das den Unterschied ausmacht.“ Gleichwohl verriet er fast nebenbei, dass er über die schlechteste Rückrundenmannschaft „nur rudimentär“ informiert sei; bei der Aufarbeitung dieses Defizits sollen sein Video- und PC-Spezialist und Sohn Marcel sowie sein ewiger Assistent Roland Koch helfen.

Am übernächsten Sonntag ist der VfL Wolfsburg jener Klub, der die Bühne für Daums Comeback stellt. Magath versus Daum – „eine wunderschöne Möglichkeit, sich eindrucksvoll zu positionieren“, sagt Daum und meint wohl sich selbst.

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