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Sport: Völlersche Dialektik

Wie der Teamchef im Fall Rehmer das franzeln lernte

Franz Beckenbauer, der allmächtige Kaiser des deutschen Fußballs, ist schon länger dafür bekannt, dass er innerhalb kürzester Zeit und guten Gewissens zwei widerstreitende Meinungen vertreten kann. Franzeln wird diese Technik genannt. Bei Rudi Völler, dem Teamchef der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, sind solche Anwandlungen neu. Dabei hat Völler Beckenbauers Methode sogar noch verfeinert. Die Völlersche Dialektik sieht so aus, dass der Teamchef im selben Satz einerseits (These) von einer Bagatelle spricht, die man – andererseits – „nicht auf die leichte Schulter nehmen darf“ (Antithese). Im speziellen Fall war von einer Muskelverspannung im Oberschenkel die Rede, die sich Marko Rehmer von Hertha BSC bei der Nationalmannschaft zugezogen hat. „Nichts Dramatisches“, sagte Völler, aber „wir werden sicherlich kein Risiko eingehen.“ Die sich nach der Völlerschen Dialektik aus These und Antithese ergebende Synthese lautet: Rehmer spielt im EM-Qualifikationsspiel gegen die Färöer in Hannover wohl nicht.

Der Fall Rehmer ist nämlich ein ganz spezieller. „Da gibt’s ja noch eine Vorgeschichte, die nicht so gut gelaufen ist“, sagte Völler. „Da muss man aufpassen.“ Rehmers Arbeitgeber Hertha hat vom Deutschen Fußball-Bund eine Entschädigung erstritten, weil der Verteidiger mit einer langwierigen Verletzung von der WM zurückgekehrt war. Hertha hatte dem DFB falsche medizinische Betreuung vorgeworfen. Obwohl Rehmer sich im März den Knöchel gebrochen hatte, war er für die WM berufen worden. Er spielte dann allerdings nur eine Halbzeit lang gegen Paraguay und war anschließend wieder verletzt. Und zuletzt hat Herthas Manager Dieter Hoeneß in der SFB-„Abendschau“ Rehmer sogar nahe gelegt, künftig bei der Nationalelf etwas kürzer zu treten und sich mehr auf Hertha zu konzentrieren.

„Handle with care“ heißt es jetzt beim DFB in Sachen Rehmer: Vorsicht, bitte! Davon profitiert nun unter Umständen Rehmers Vereinskollege Arne Friedrich. Völler will auch gegen die Färöer mit einer Viererkette spielen, und Friedrich könnte nach zwei Einwechslungen zum ersten Mal von Beginn an auflaufen – auf Rehmers Position. „Die Möglichkeit besteht“, sagte Völler. Ein anderer Kandidat wäre Gerald Asamoah, der zwar mal als Stürmer angefangen hat, bei Schalke zuletzt aber als rechter Außenverteidiger aushelfen musste. Dessen Enthusiasmus hält sich in Grenzen: „Nicht schon wieder!“, sagt Asamoah.

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