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Sport: Von den Alten lernen

Frankreichs Routiniers entscheiden die WM-Spiele

Sogar die Zeitung „Le Figaro“ will dem Trainer jetzt ein Denkmal setzen. Alle Franzosen glauben nun daran, dass Raymond Domenech, der bisher so Ungeliebte und oft heftig Gescholtene, tatsächlich so etwas wie einen Masterplan besitzt. Einen Plan, der Frankreich bis ins Finale führt. Kann es denn anders sein, nach dem souveränen, ja taktisch brillanten Spiel gegen Brasilien? Portugal im heutigen Halbfinale nur Zwischenstation auf dem Weg zum Titel?

Frankreich hat längst vergessen, dass es mal eine hart geführte Torwartdebatte gab, um die Frage, warum der alte Fabien Barthez im Tor stehen darf und nicht der souveräne Mickael Landreau. Vergessen auch, dass Domenech eigentlich mit einer viel jüngeren Mannschaft in Deutschland antreten wollte, dann aber, ohne eigenes Bekenntnis und auf Druck der Öffentlichkeit, die Rückkehr der Alten hinnehmen musste. Der große Zinedine Zidane kam nach seinem Rücktritt nach der EM 2004 nicht deshalb zurück, weil er von Domenech gerufen wurde, sondern, um zusammen mit Makelele und Thuram eine letzte Mission zu erfüllen.

Wie kann es also einen Plan gegeben haben, wenn die Übermacht der Alten nie eine Rolle in Domenechs Gedanken spielte? Die Wahrheit ist wohl: Der Plan hat sich einfach ergeben, und er hat etwas damit zu tun, dass es im Fußball auch für Altgediente noch etwas wie Ehre, Stolz, Überzeugung gibt. Und die Eitelkeit, es allen noch mal zeigen zu wollen. Thierry Henry hat die Formel nach dem Sieg über Brasilien simpel zusammengefasst: „Das Wichtigste war, wir haben gezeigt, dass wir als Mannschaft auftreten können.“ Der Satz Henrys, Schütze des entscheidenden Treffers, verriet gleichzeitig, dass man vorher nicht gerade wie eine Mannschaft gespielt hatte. Doch die Franzosen steigerten sich, allen voran die Alten um Zidane, Vieira, Makelele, Thuram. Patrick Vieira, der wie alle Franzosen gegen Brasilien sein bestes Spiel machte, litt am meisten unter der harschen Kritik. „Sie tut immer noch weh“, sagte er nach dem Brasilien-Spiel, „aber jetzt sehen wir, dass wir uns von Spiel zu Spiel steigern können.“

Gegen Brasilien standen mit Abidal, Malouda und Ribery nur noch drei Spieler der jüngeren Generation auf dem Platz. Innenverteidiger William Gallas gehört zur Zwischengeneration, gilt aber als längst etabliert, weil er alle WM-Qualifikationsspiele absolviert hat. Als Einziger. Malouda und Ribery machten ihre Sache nicht schlecht, doch bei allen Aktionen wirkten sie in erster Linie wie eifrige und gelehrige Schüler. Dass sie allein ein Spiel hätten dominieren können oder sogar entscheiden, glaubte man indes nicht.

Domenech würde es zwar nie zugeben, aber die entscheidenden Spieler waren die Alten. Nicht die Mischung aus Alt und Jung hat Frankreich so weit gebracht, sondern die Dominanz der Alten. Nur ein Aspekt des jugendhaften Auftretens von Zidane und Co. ist das Verdienst des Trainers: die absolute körperliche Fitness. Im Nachhinein muss man Domenech dafür loben, dass er das Turnier eher defensiv und mit wenig Tempo angehen ließ. Für diesen Fitness- Masterplan hatte Domenech extra den Fitnesstrainer Robert Duverne von Olympique Lyon gewinnen können.

Was jetzt noch fehlt, um das Denkmal für Domenech realistischer werden zu lassen, ist ein außergewöhnliches Spiel von einem der Jungen. Ribery hat sein Talent schon aufblitzen lassen und gegen Spanien getroffen. Ein entscheidendes Tor im Halbfinale oder im Finale, am besten auf Vorlage von Zidane, würde auch diese viel gescholtene Mannschaft so unsterblich machen wie die Weltmeister von 1998. Aber so weit ist es noch nicht, deshalb warnt Domenech auf seine spezielle Art: „Ganz Frankreich ist verrückt geworden, deshalb ist es am besten, wir machen alle Handys und Fernseher aus. Dann kriegen wir nichts mit und bleiben hübsch auf dem Boden.“

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