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Für das Rahmenprogramm geeignet. Die Eröffnungsfeier der Frauenfußball-WM im Berliner Olympiastadion vor knapp zwei Wochen.

© dpa

von Richthofen im Interview: "Ich bin für Sommerspiele – in Berlin"

DOSB-Ehrenpräsident von Richthofen über Münchens Niederlage bei der Bewerbung und neue deutsche Olympiapläne.

Herr von Richthofen, wie haben Sie die Niederlage der Münchner Olympiabewerbung erlebt?

Das ist natürlich traurig, aber damit musste man rechnen. Die Pluspunkte für Südkorea waren doch sehr deutlich.

Wie bitte? Wer kennt denn schon den Wintersportort Pyeongchang?

Sie haben schon mehrere Anläufe hinter sich gebracht. Ich glaube nicht, dass da die Mitleidsplatte eine Rolle gespielt hat.

So haben es die Münchner um Bewerbungschefin Katarina Witt dargestellt.

Nein, sie sind durch ihre vielen Versuche einfach gut vorbereitet. Hinzu kommen die neuen Märkte in Asien, die sich Olympia erschließen kann. Dort werden gewaltige Finanzmittel zur Verfügung gestellt, da müssen sie als Sport nicht um einige Millionen betteln. Nicht zu vergessen die hohe Zustimmungsrate in der südkoreanischen Bevölkerung. Da können Sie sich ja in Deutschland drehen und wenden wie Sie wollen, die werden Sie nie erreichen.

Dann soll also München gar nicht mehr antreten mit einem zweiten Anlauf für die Spiele 2022?

Das muss der Deutsche Olympische Sportbund entscheiden. Aber klar ist: Deutschland ist nun mal kein Wintersportland – mal abgesehen von Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen und Sachsen. Im Norden gibt es da wenig Begeisterung. Wenn München noch einmal antritt, gibt es keineswegs die Garantie, dass man den Zuschlag bekommt. Wie ich höre, will sich ja auch die Schweiz um die Winterspiele 2022 bewerben.

Aber die Schweiz ist doch viel kleiner als Deutschland.

Im Weltsport sind die Schweizer ein gewichtiges Pfund, sie stellen einige Verbandspräsidenten und fünf Leute im IOC. In den Alpen gibt es optimale Wintersportbedingungen, das Land hat große finanzielle Möglichkeiten. Und das ganze Land stünde hinter eine Bewerbung – naja, es ist ja auch nicht so groß.

Der deutsche Sport will am Mittwoch über eine neue olympische Bewerbung beraten. Ist ein neuer Versuch aussichtslos?

Nein. Ich denke, die Zustimmung in unserem Land wäre für Sommerspiele am größten. Natürlich muss das der DOSB entscheiden. Aber ich plädiere dafür, dass sich Deutschland um Sommerspiele bewirbt. Da fühlt sich jeder angesprochen: die Segler in Kiel, die Fußballer im Süden, die Reiter im Rheinland. Sommerspiele sind Weltereignisse, für die man das ganze Land begeistern kann.

Kommt dann als Bewerber Berlin infrage?

Wenn sich Deutschland um Sommerspiele bewirbt – und dafür bin ich –, bin ich natürlich für Berlin. Viele moderne Sportstätten sind vorhanden, große Sportereignisse wie die Fußball-WM, die Leichtathletik-WM oder der Auftakt der Frauenfußball-WM wurden organisatorisch hervorragend gemeistert.

Das müssen Sie jetzt sagen als langjähriger Chef des Berliner Landessportbundes...

...ach was, das sage ich aus vollem Herzen. Berlin gilt mittlerweile überall als weltoffene und fröhliche Stadt. Sie müssen niemanden in der Welt darüber aufklären, wo Berlin liegt. Viele Menschen fahren hierher, um sich zu amüsieren – auch beim Sport. Diese fröhliche Botschaft kann eine Berliner Bewerbung transportieren.

Berlins Bewerbung um die Spiele 2000 ist 1993 blamabel gescheitert.

Damals hatte Berlin andere Sorgen. Außerdem war die politische Unterstützung nicht da. Ich saß damals im Aufsichtsrat, da hat die Bundesregierung höchstens mal einen Staatssekretär geschickt. Zu einem Minister hat es nicht gereicht.

Aber Herr von Richthofen, die Bewerbung war dilettantisch organisiert.

Wir mussten den Geschäftsführer austauschen, das war natürlich Pech. Aber ich bleibe dabei: In der Bevölkerung und in der Politik gab es zu große Vorbehalte. Die Grünen waren damals gegen die Spiele. Die grüne Landtagsfraktion in Bayern war jetzt übrigens auch gegen die Münchner Winterspiele.

Wäre das bei den Berliner Grünen denn anders?

Die heutige Führung der Berliner Grünen wäre sicherlich für Olympia zu gewinnen. Denn die Stimmung in der Berliner Bevölkerung hat sich gedreht: Viele laufen Marathon, gehen zu Sportveranstaltungen, fahren Rad. Die Berliner haben Trubel gern, andere wollen lieber ihre Ruhe.

Meinen Sie damit Hamburg?

Nein, Hamburg wäre auch ein guter Bewerber, aber ist nicht so eine vielfältige Sportstadt wie Berlin. Und es gibt kaum olympiataugliche Sportstätten. In Berlin brauchen wir nur noch eine gute Regattastrecke, dieses Problem dürfte sich lösen lassen. Die Stadien und Hallen sind alle da. Deshalb bin ich für Berlin.

Das Gespräch führte Robert Ide.

Manfred von Richthofen, 77, ist Ehrenpräsident des Deutschen Olympischen Sportbundes. Er war lange Jahre Chef des Deutschen Sportbundes und zuvor des Berliner Landessportbundes.

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