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Yuya Osako hatte wenig Glück bisher in der Kölner Offensive.

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Vor dem Spiel gegen Hannover: 1. FC Köln: Rekordverdächtig schwach

Dem 1. FC Köln droht der schlechteste Saisonstart in der Geschichte der Bundesliga. Dem Klub fehlt ein Torjäger wie Modeste.

Selbst Kölner, die sich nicht sonderlich für Fußball interessieren, merken, dass in ihrer Stadt gerade etwas Erschütterndes im Gange ist. Am 20. Mai lagen sich die vielen Anhänger des 1. FC Köln noch überall glückselig in den Armen, da sich ihr Verein zum ersten Mal seit einem Vierteljahrhundert wieder für den Europapokal qualifiziert hatte – als Tabellenfünfter der Bundesliga. Vier Monate später herrscht in der Stadt allgemeine Trostlosigkeit. Die Fans des Effzeh sind frustriert und schimpfen viel. Über die Schiedsrichter, über Ungerechtigkeiten, aber auch über die jüngste Einkaufspolitik ihres geliebten Bundesligisten, der doch eigentlich in eine glorreiche Zukunft aufbrechen wollte. Und dessen Chefs gern ein neues, größeres Stadion bauen wollen, da ihnen die Arena in Müngersdorf mit ihrem Fassungsvermögen von knapp 50 000 Besuchern nicht mehr groß genug erscheint.

Für die Zweite Liga dürfte es reichen, sagen nun die Zyniker unter den FC-Enthusiasten. Denn nach den ersten fünf Saisonspielen steht die Mannschaft von Trainer Peter Stöger mit null Punkten und einem Torverhältnis von 1:13 Toren am Tabellenende. In der Geschichte der Bundesliga kam nach fünf Spieltagen lediglich der Karlsruher SC vor 54 Jahren auf noch schlechtere Werte, nämlich null Punkte und 2:17 Treffer. Falls der FC auch am Sonntag in Hannover verlieren sollte, würde er mit der Fortuna aus Düsseldorf gleich ziehen, die 1991/92 als bisher einziger Klub mit sechs Niederlagen in eine Saison startete.

Hätte sie die Modeste-Millionen besser reinvestieren können?

Wer die bisherigen Spiele der Kölner gesehen hat, der weiß, dass vor allem die Fan-Klagen über die Sommertransfers berechtigt sind. Oft begehen Sportchefs nach besonders guten Jahren Fehler, denn im Erfolg verliert man leicht den Blick für Probleme und Risiken. Und genau das scheint Kölns Manager Jörg Schmadtke passiert zu sein. Offensichtlich hat er sich den FC ohne Anthony Modeste gedanklich ein bisschen zu schön gemalt.

Der französische Angreifer, den der Klub im Sommer für 30 Millionen Euro nach China hat ziehen lassen, schoss in der vorigen Spielzeit 25 von 51 Kölner Toren. „Tony hat außergewöhnlich performt in der letzten Saison. Aber hätten wir wieder so viele Tore ihm erwarten können?“, fragt Trainer Stöger, der seit vier Jahren in Köln arbeitet. „Vielleicht hätten wir mit ihm einen Punkt. Oder zwei oder drei. Vielleicht aber auch keinen – und dann würde jeder sagen, wieso haben wir ihn nicht gehen lassen, als das Angebot aus China da war?“

Vielleicht hätten sie die Modeste-Millionen aber auch besser reinvestieren können. Schmadtke ersetzte den Angreifer durch den aus Mainz verpflichteten Kolumbianer Jhon Cordoba, 23, für den die Kölner 17 Millionen Euro zahlten. Cordoba muss nicht nur damit zurecht kommen, der teuerste Kölner Einkauf der Vereinsgeschichte zu sein. Er steht außerdem als mutmaßlicher Torjäger allein da, da die Offensivleute Yuya Osako, Leonardo Bittencourt und Marcel Risse nach Verletzungen noch nicht in Form sind. Cordoba müht sich, er verausgabt sich, er erreicht jedoch kaum etwas. Und wirkt bereits reichlich frustriert.

Trainer Stöger steht aufgrund seiner Erfolge noch nicht in der Kritik

Jörg Schmadtke wollte ursprünglich auch den gebürtigen Kölner Mark Uth aus Hoffenheim verpflichten, doch die TSG ließ ihn nicht gehen. So steckte der Manager die weiteren Millionen in Verpflichtungen jüngerer Perspektivspieler für die Abwehr wie Jannes Horn und Jorge Meré, die nun damit überfordert sind, eine verunsicherte Mannschaft zu balancieren. Obendrein fällt Nationalspieler Jonas Hector mit einem Riss des Syndesmosebandes für einige Wochen aus. Und wenn es nicht läuft, dann kommt wie üblich das Pech hinzu. Beim 0:1 am Mittwoch im Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt erhielt der Gegner einen fragwürdigen Elfmeter, aus dem der Siegtreffer wurde, wohingegen den Kölnern ein Strafstoß verweigert wurde.

Im Stimmungstief. Kölns Manager Jörg Schmadtke (links) und Trainer Peter Stöger.
Im Stimmungstief. Kölns Manager Jörg Schmadtke (links) und Trainer Peter Stöger.

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Es gehe jetzt um die „einfachen Tugenden“, sagte Kölns Kapitän Matthias Lehmann nach der fünften Niederlage: „Keine Übersteiger, keine Fallrückzieher, keine Überdinge.“ Man fragte sich allerdings, wem er damit mit Mut machen wollte. Denn der FC hatte gegen die Eintracht weder Fallrückzieher noch Übersteiger probiert. Sondern gekämpft, gerackert, Fehlpässe produziert. Und kein Tor geschossen. Peter Stöger sagt vor dem Auswärtsspiel beim noch ungeschlagenen Aufsteiger: „Wir sollten aus Hannover auf jeden Fall etwas Zählbares mitbringen.“

Natürlich weiß der 51 Jahre alte Wiener, dass es bald auch für ihn ungemütlich werden könnte. Stöger, dessen Vertrag bis 2021 läuft, steht aufgrund seiner erfolgreichen Arbeit der vergangenen Jahre zwar nicht im Mittelpunkt der Kritik. Doch falls der FC weiter verlieren sollte, dürfte sich das ändern.

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