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Anderer Auftritt. Arthur Abraham verlor zuletzt seinen Weltmeistertitel. Der 36-Jährige hofft, noch einmal die Chance auf einen WM-Kampf zu bekommen.

© dpa/Kastl

Vor seinem 50. Profikampf als Boxer: Arthur Abraham: Blick in die Seele

In Berlin will Arthur Abraham am Samstag gegen Tim-Robin Lihaug beweisen, dass seine Karriere noch nicht vorbei ist. Neu wird für den Ex-Champ dabei sein, dass er an diesem Abend nicht die Hauptattraktion ist.

Arthur Abraham schlendert den Hotelflur im schwarzen Einreiher entlang. Als er das dezente Buffet passiert, schlägt er zu. Nur einmal, blitzschnell. Seine Rechte schnellt raus wie die Zunge eines Chamäleons. Ein kleines Häppchen auf dem Weg zur Pressekonferenz. Es geht halt ums Ganze, so könnte man den kommenden Boxkampf von Arthur Abraham am Samstag (22.50 Uhr, live bei Sat. 1) in der Berliner Max-Schmeling-Halle überschreiben. Sein Trainer, Ulli Wegner, bündelt die Ausgangslage für seinen Schützling in der ihm eigenen Art: „Wäre doch das Letzte, wenn wir das Ding verlieren.“

Die Sache ist nämlich die, dass Arthur Abraham in seinem letzten Kampf im April in Las Vegas dem Mexikaner Gilberto Ramirez unterlegen war und seinen WM-Titel (nach WBO-Version) verloren hat. „Gegen Ramirez hatte ich einen rabenschwarzen Tag, an dem nichts bei mir zusammenlief. Solch einen Auftritt wird man nicht noch einmal von mir sehen“, sagt Abraham. Das wäre schon deswegen vorteilhaft, weil Abraham inzwischen 36 Jahre alt ist und noch in diesem Jahr einen Rückkampf gegen den Mexikaner anstrebt. Dafür muss der Berliner in seiner Stadt und in seinem 50. Profikampf aber erst den Norweger Tim-Robin Lihaug schlagen. Der ist nicht nur 13 Jahre jünger, sonder auch um einiges größer. Dass der Schlaks als bester Boxer Norwegens gepriesen wird, hat erst einmal nichts zu sagen. Noch ist Profiboxen im Land der Biathleten und Langläufer verboten, Lihaug wich für seine Kämpfe bislang vorzugsweise nach Dänemark aus.

Allerdings sollte man im Boxen keinen Gegner unterschätzen. „Es braucht nur einen Moment“, sagt Promoter und Veranstalter Kalle Sauerland. Und außerdem: Nach eigenem Bekunden wisse Lihaug mehr über Abraham als dieser selbst. „Arthur war mein Idol, seinetwegen habe ich mit dem Boxen angefangen“, sagte der 23-Jährige. Er habe alle Kämpfe mit Abraham zwanzig- oder dreißigmal gesehen. „Ich kenne seine Stärken und seine Schwächen.“ Und außerdem gebe es ja schließlich einen Grund, weshalb Abraham nicht mehr Weltmeister ist.

Abraham wird an diesem Abend nicht die Hauptattraktion sein

„Ich habe doch mitverloren“, antwortet Ulli Wegner auf die Frage, weshalb er sich noch einmal auf das Abenteuer mit seinem langjährigen Spezi eingelassen habe. In der ersten Enttäuschung über die schwache Kampfesführung hatte der 74-jährige Trainer diese Zusammenarbeit aufgekündigt. Aber letztlich sei ihm nichts anderes übrig geblieben, als Abraham ein viertes Mal zum Weltmeister zu machen. In Las Vegas habe er in den letzten Tagen der Vorbereitung nicht mehr „in die Seele“ seines Boxer „vordringen“ können. Er sehe sich in der Verantwortung, gerade auch in der Vorbereitung auf den anstehenden Kampf. „Wir haben es nötig, vernünftiges Boxen zu zeigen“, krächzt Wegner.

Neu wird für den Ex-Champ Abraham sein, dass er an diesem Abend nicht die Hauptattraktion ist. Sein Teamkollege Tyron Zeuge fordert – ebenfalls im Super-Mittelgewicht – den italienischen WBA-Weltmeister Giovanni de Carolis heraus. Der 24-jährige ungeschlagene Berliner (18 Kämpfe, zehn Knockouts) könnte in seiner Heimatstadt sogar ein kleines Kapitel Boxgeschichte schreiben. Sollte er den acht Jahre älteren Römer schlagen, wäre er jüngster deutscher Boxweltmeister. Graciano Rocchigiani war ein paar Tage älter, als er 1988 das erste Mal Champion wurde.

Und ganz nebenbei könnte es zu einem Novum kommen. Zeuge wird seit ein paar Monaten von Jürgen Brähmer trainiert. Der 37-Jährige ist amtierender WBA-Weltmeister im Halbschwergewicht. Es wäre das erste Mal überhaupt, dass ein aktiver Weltmeister als Trainer einen Boxer zum WM-Titel führt.

„Für Tyron wird es eine ganz schwere Aufgabe“, sagt Boxstall-Gründer Wilfried Sauerland. Aber wenn Zeuge durchkäme, wie er sagt, dann wäre es einer, auf den man sich freuen könne. Vielleicht sogar auf ein stallinternes Duell mit Arthur Abraham, wie es Zeuge gern möchte. „Wenn man einen großen deutschen Kampf machen kann, darf man nicht warten“, sagt Kalle Sauerland. Aber erst einmal müssen die beiden Berliner ihre Kämpfe gewinnen. Mit der Zunge waren schon ganz andere Boxer schnell.

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