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Sport: Vorsicht, Karte!

Immer mehr Firmen bieten teure WM-Tickets im Internet an – die Organisatoren warnen vor dem Kauf

Berlin - Wer die Telefonnummer 0080 – 387 683 26 anruft, muss der englischen Sprache mächtig sein sowie Ausweis und Kreditkarte bereithalten. Die freundliche Stimme einer Frau fragt nach den Wünschen und den persönlichen Daten. „Wollen Sie zum Finale der Fußball-Weltmeisterschaft?“, will sie wissen. „Sie bekommen die beiden Halbfinals dazu“, lockt sie. Der Preis? Zwischen 2745 und 4500 Euro. Das Geld werde in den kommenden Wochen abgebucht. Und wann kommen die Karten? Die Frau zögert kurz: „Im Juni 2006.“

Die Firma, die die begehrtesten Sporttickets der Welt anbietet, heißt Euroteam. Sie hat eine Internet-Seite und ein Callcenter. Auf der Internetseite ist ausgewiesen, dass sich das Hauptquartier in Oslo befindet. Auf Nachfrage kann man dort einen Manager sprechen, der Auskünfte über die Firma erteilt, allerdings seinen Namen nicht verraten will. Auf die Frage, ob seine Firma eine Lizenz zum Ticketverkauf vom Fußball-Weltverband Fifa hat, antwortet er: „Nein.“

Der Kartenverkauf für die WM 2006 geht in die entscheidende Runde. Am heutigen Donnerstag endet die erste Verkaufsphase, bis 24 Uhr können noch per Internet und Fax Karten bestellt werden (siehe Kasten). Bislang gibt es knapp sechs Millionen Bestellungen, angeboten werden zunächst nur 812 000 Tickets. Am 15. April beginnt die Auslosung, die Gewinner erhalten danach eine Benachrichtigung. Diese gilt als Garantieschein für die Karten, die erst wenige Wochen vor der WM verschickt werden.

Da der offizielle Verkauf beschränkt ist, drängen immer mehr Kartenverkäufer auf den Markt, die nicht mit der Fifa kooperieren. „Wir kaufen unsere Karten auf dem zweiten Markt“, sagt der Manager von Euroteam am Telefon. Drei Sitzplatzkategorien werden dabei angeboten, dazu VIP-Karten. Bestellen könne man bis zu 99 Tickets pro WM-Spiel, steht auf der Internetseite. Im offiziellen Verkauf sind es nur vier pro Spiel.

„Hierbei handelt es sich definitiv um keinen autorisierten Verkäufer“, sagt Gerd Graus, der Sprecher des WM-Organisationskomitees (OK), über Euroteam. „Wir können nur davor warnen, mit diesem Verkäufer eine Geschäftsbeziehung einzugehen.“ Horst R. Schmidt, der Vizepräsident des OK, warnt bereits seit Wochen vor „Trittbrettfahrern“. Es bestehe die Gefahr, viel Geld zu verlieren. Denn Garantien, dass Verkäufer ohne Lizenz die versprochenen Karten ausliefern, gibt es nicht. Sogar der Reiseveranstalter Vietentours bietet „WM-Pakete“ an und sagt dabei seine Hilfe beim Kartenkauf zu. „Wir kaufen WM-Karten von Zwischenhändlern, die diese von Sponsoren oder Fußballverbänden bekommen haben“, sagt Vietentours-Vertriebsleiter Rainer Wenning. Vom Schwarzmarkt will er nicht sprechen, lieber von einem „Graumarkt“.

Auf der Internetseite von Euroteam werden auch die Adressen von Auslandsbüros aufgeführt. Lissabon, Paris, Genf, London, alle gelegen in teuren Vierteln. Die Zentrale in Deutschland soll sich in Berlin befinden, doch Telefonauskünfte mehrerer Anbieter können keinen Eintrag finden. Die auf der Internetseite angegebene Adresse lautet Friedrichstraße 50, ein Bürogebäude am Checkpoint Charlie. „Euroteam? Kenn’ ich nicht“, sagt der Mann an der Rezeption und fährt mit dem Finger über eine Liste von 15 Firmen, die in dem Haus sitzen. Auch in den Büros im zweiten Stock ist die Firma nicht bekannt. In der Euroteam-Zentrale in Oslo versteht man das nicht. Der Manager, der seinen Namen nicht nennen will, sagt: „Wir haben mit dem Dienstleister Regus ein Abkommen abgeschlossen, dass er die Post an uns weitersendet.“ In der Tat wird das Haus in der Friedrichstraße von Regus gemanagt, doch auf Nachfrage sagt eine Mitarbeiterin: „Euroteam sagt uns nichts. Wir senden auch niemandem Post nach.“

Die WM-Organisatoren gehen inzwischen verstärkt gegen unautorisierte Anbieter vor. Schon kurz vor Weihnachten hat das Landgericht Frankfurt am Main eine einstweilige Verfügung gegen einen Händler aus Lünen erwirkt. Dessen Agentur hatte Tickets für den im Juni in Deutschland stattfindenden Konföderationen-Pokal erworben und im Internet angeboten – zu überhöhten Preisen. Im Wiederholungsfall droht der Agentur nun eine Geldstrafe von 250 000 Euro. WM-Sprecher Graus warnte schon damals: „Die Gefahr ist groß, Betrügern auf den Leim zu gehen.“

Euroteam will sich davon nicht einschüchtern lassen. „Wir sind keine illegale Firma“, sagt der Manager am Telefon. „Gegen jeden, der das behauptet, leiten wir rechtliche Schritte ein.“

Weitere Informationen im Internet:

www.tagesspiegel.de/wmtickets

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