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Das darf doch nicht wahr sein! Sebastian Langkamp, Genki Haraguchi und Jens Hegeler (von links) nach dem Schlusspfiff am Mittwochabend in Frankfurt.

© dpa

Vorsprung verspielt: Herthas 4:4 in Frankfurt als Sinnbild einer Saison

Die zwei späten Gegentore, die Hertha BSC am Mittwoch in Frankfurt in der Nachspielzeit hinnehmen musste, lassen sich nicht allein mit Pech erklären – am Sonntag kommt Hoffenheim.

Ganz am Ende blieb der Gesichtsausdruck Peter Niemeyers hängen. Hertha BSC hatte in Frankfurt gerade in der Nachspielzeit ein Tor eingeschenkt bekommen. Das aus Berliner Sicht Unverschämte an diesem Gegentor war, dass es kurz zuvor eben auch schon eins gegeben hatte, ebenfalls durch Alexander Meier, und Hertha einen stattlichen Vorsprung von 4:2 verspielte und damit einen sicheren Auswärtssieg aus den Händen gab. Peter Niemeyer, der zehn Minuten vor dem Ende seinerseits das Tor zum 4:2 für die Berliner erzielt hatte, stand also beim 4:4 fast auf Höhe der eigenen Torlinie und lächelte schief. Es war ein Lächeln, das auch ohne Hilfe eines Mimikdeuters unschwer zu interpretieren war – das darf doch nicht wahr sein, sagte Niemeyers Lächeln.

Hertha führte bereits 3:0

Es war aber doch wahr, und so verließ Hertha mit einem gedrückten Gefühl die Wettkampfstätte, die eigentlich hätte zur großen Bühne werden können. Mit etwas Geschick und fulminantem Glück führte der Berliner Bundesligist bis kurz vor dem Halbzeitpfiff schon mit 3:0. John Anthony Brooks, Änis Ben-Hatira und Julian Schieber hatten Hertha in Front geschossen und nichts deutete darauf hin, dass das Spiel noch einmal kippen und die Frankfurter zurück ins Match bringen könnte. Den Berlinern gelang in dieser Phase der ersten Halbzeit ziemlich viel, der Mannschaft von Trainer Thomas Schaaf so gut wie überhaupt nichts. Dass den Frankfurtern dann kurz vor dem Halbzeitpfiff noch der 1:3-Anschlusstreffer gelang, durfte als Schönheitsfehler wahrgenommen werden. Einer, der einer gestandenen Bundesligamannschaft nichts sollte anhaben können.

Drei Kontermöglichkeiten ließen die Berliner ungenutzt

Doch Hertha ist in dieser auslaufenden Saisonhinserie alles andere als gestanden. Und so geschah, was geschehen musste. Die Eintracht drehte auf und kam relativ rasch in der zweiten Halbzeit auf 2:3 heran. In der Folgezeit ließ Hertha gegen tollkühn stürmende Gastgeber zwei, drei erstklassige Kontermöglichkeiten ungenutzt, hätte dann aber durch das 4:2 von Niemeyer Führung und Spiel souverän über die Zeit bringen können.

„Wenn diese verdammten zwei Minuten am Schluss nicht gewesen wären, wäre das ein fantastisches Ergebnis für uns gewesen“, sagte anderntags Jos Luhukay. Herthas Trainer hatte immer noch einige Mühe, die Erlebnisse vom Vorabend einzuordnen. Das Spiel habe mental wie körperlich viel Kraft gekostet. „Es hatte alles in sich, was Fußball ausmacht“, sagte der Niederländer, „viele Tore, große Emotionen, positive wie negative Gefühle.“

Selbst ein dritter Innenverteidiger brachte keine Stabilität

Eigentlich hätte er auch sagen können, dass dieses wilde Spiel von Frankfurt sinnbildlich für Herthas Saisonverlauf steht. Es zeigte, wozu seine Mannschaft in der Offensive fähig sein kann, offenbarte aber auch eklatante Schwächen in der Defensive. Dass Luhukay beim Stande von 4:2 Stürmer Schieber vom Feld nahm und für ihn in Sebastian Langkamp einen dritten Innenverteidiger aufbot, was das Gebilde aber nicht stabiler werden ließ, spricht für sich. Hertha ist zwar in der Umschaltbewegung auf Offensive nach Ballgewinn zwingender geworden, doch nach wie vor hakt es in der defensiven Zuordnung und Zweikampfführung respektive Raum- und Spielorganisation. Allein mit Pech lässt sich der in der Nachspielzeit verschenkte Sieg nicht erklären.

Gut, dass am Sonntag schon das nächste Spiel gegen Hoffenheim ansteht

Und so fühlte sich das 4:4 vom Spielverlauf her eher wie eine Niederlage an. Da aber für seine Mannschaft am Sonntag noch ein schweres Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim ansteht, blendete Luhukay die „zwei schwer zu verkraftenden Minuten“ von Frankfurt bewusst aus. Vielmehr stellte er eine andere Rechnung auf. Vier Punkte habe seine Mannschaft aus den beiden jüngsten Spielen gegen Dortmund und Frankfurt geholt, eine Ausbeute, die viele Hertha nicht zugetraut hätten. „Was wir vielleicht in Frankfurt liegen lassen haben, wollen wir uns am Sonntag zurückerarbeiten“, sagte Luhukay.

In die selbe Richtung argumentierte Herthas Manager Michael Preetz. Nach einem solchen Erlebnis sei es für einen Spieler das Beste, wenn nur wenige Tage später das nächste Spiel anstünde. „Dann hat man gar keine Zeit, darüber groß nachzudenken.“

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