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Das hat gesessen. Die Mitglieder des 1. FC Köln haben dem Vorstand und damit auch Wolfgang Overath die Gefolgschaft verweigert.

© dpa

Vorstand nicht entlastet: Kopfloser 1. FC Köln

Die Mitglieder des 1. FC Köln entlasten ihren Vorstand nicht – Präsident Wolfgang Overath bleibt trotzdem: "Ob und wann ich einmal zurücktrete, das bestimme ich selbst. Und nicht eine Gruppe von Chaoten."

Wolfgang Overath hatte kurz vor Mitternacht noch einmal ein versteinertes Lächeln aufgesetzt. So, als ginge ihn das alles nichts mehr an. Die turbulente und spannungsgeladene Jahresversammlung des 1.FC Köln war zu diesem Zeitpunkt gerade ein paar Minuten beendet und der Präsident hatte eine besonders herbe Niederlage einstecken müssen. Die Mitglieder hatten den Vorstand nicht entlastet. Dieses Votum hat zwar letztlich keinen Einfluss auf die tägliche Arbeit der Verantwortlichen, der Verein könnte sich lediglich vorbehalten, zu einem späteren Zeitpunkt Schadenersatzansprüche gegen den Vorstand zu erheben. Doch tatsächlich dürfte diese Verweigerung als Vertrauensbruch gegenüber den handelnden Personen angesehen werden. „Jetzt schlafen wir erst einmal eine Nacht darüber“, sagte Overath am Mittwochabend und machte sich auf den Heimweg.

Keine 24 Stunden später meldete sich der Präsident dann im Kölner „Express“ zu Wort und verkündete: „Ob und wann ich einmal zurücktrete, das bestimme ich selbst. Und nicht eine Gruppe von Chaoten.“ Es dürfte als eine Art Majestätsbeleidigung bei Overath angekommen sein, wie lautstark und aggressiv ein großer Teil der Mitglieder in den Kölner Messehallen auf den Vorstand reagiert hatte.

Allein schon sein persönlicher Stolz und seine Eitelkeit, vor solch einer Gruppe nicht einknicken zu wollen, dürfte den 67-Jährigen bewogen haben, einen Rücktritt auszuschließen. Overath ist bis 2014 gewählter Präsident. Ein Nachfolger ist zwar nicht in Sicht. Dennoch wollten die Mitglieder den Verantwortlichen einen Denkzettel mit auf den Weg geben. Und selbst ein großer Teil derjenigen, die sich nicht an den Beschimpfungen und Schmähungen („Ihr macht den FC kaputt“, „Vorstand raus“) beteiligt hatten, votierten gegen die Entlastung.

„Wir haben die Mitglieder nicht so erreicht, wie wir es wollten“, gestand FC-Vizepräsident Friedrich Neukirch nach der Versammlung ein. Vor allem die phrasenhafte („Wir müssen eng zusammenstehen“) und weitgehend inhaltsleere Rede des Präsidenten hatte reichlich Unverständnis hervorgerufen. „Wir hören hier jedes Jahr das Gleiche. Die Intelligenz im Raum ist höher, als Sie das annehmen“, richtete ein Mitglied seine Kritik direkt an Overath. Noch nicht einmal das Eingeständnis des Präsidenten, „die Kritik ist berechtigt für das, was wir abgeliefert haben, von der Mannschaft bis nach oben, war das schlecht“, konnte für Beruhigung der über 3100 Mitglieder sorgen. Doch wie geht es jetzt weiter in Köln?

Der besonders hart und mit vielerlei Beschimpfungen konfrontierte Manager Michael Meier dürfte künftig kaum noch für die sportlichen Entscheidungen allein verantwortlich sein. Gerüchte um einen möglichen Sportdirektor, der dem 61-Jährigen an die Seite gestellt werden könnte, kämen einer Entmachtung gleich. Der Klub, derzeit Tabellen-18. und mit 24,1 Millionen Euro Schulden wirtschaftlich stark eingeschränkt, hat kaum noch Möglichkeiten, in der laufenden Spielzeit grundlegende Veränderungen vorzunehmen.

Der Vorstand ist angeschlagen, das Prinzip Hoffnung, den finanziell nahezu ruinösen Abstieg irgendwie doch noch zu verhindern, hat die Vorherrschaft übernommen. Doch das eigentlich Bemerkenswerte ist: Der 1. FC Köln hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten äußerst weit von seinen Mitgliedern und Fans entfernt. Von denjenigen, auf die der Klub sich bisher stets verlassen konnte.

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