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Sport: Wässrige Streitfragen

Birgit Fischer will in dieser Saison nicht mehr paddeln – der Verband habe sie nicht unterstützt

Berlin - Carolin Leonhardt hatte einen Infekt, Björn Bach eine Schulterverletzung und Nadine Opgen-Rhein Probleme mit dem Ellenbogen. Ärzte hatten es ihnen attestiert. Sie konnten deshalb beim ersten Sichtungslehrgang für die deutsche Kanu-Nationalmannschaft nicht starten. Beim zweiten Lehrgang wollen sie aber dabei sein, Ende April in Duisburg. „Natürlich können sie sich auch dort für die Nationalmannschaft empfehlen. Wir verbauen doch Topathleten nicht sportliche Chancen“, sagt Olaf Heukrodt, der Präsident des Deutschen Kanu-Verbands (DKV). „Aber es ist natürlich ein Unterschied, ob man ein Attest vorlegt oder sagt, man sei lieber ins Kino als zur Sichtung gegangen.“

Daher liege Birgit Fischer falsch. Fischer, die 44 Jahre alte Kanu-Legende, die neunmalige Olympiasiegerin, will in Duisburg nicht starten, „weil ich dort nicht genügend Punkte einfahren kann“. Das sagte sie der Deutschen Presse Agentur (dpa). Bei der ersten Sichtung hatte sie gefehlt. Nicht etwa, weil sie verletzt war, sie war schlichtweg sauer. Sie hatte Reiner Kießler angerufen, den Bundestrainer, und ihm erklärt, warum sie nicht startet. Sie fühle sich vom Verband nicht genügend unterstützt, außerdem habe Jens Kahl, der Sportdirektor, nicht auf eine Mail geantwortet, die sie sechs Wochen zuvor an ihn gesandt hatte. Kurz darauf erklärte sie diese Gründe auch öffentlich und drohte damit, künftig für ein anderes Land zu starten.

Während Fischer auf Einzelheiten nicht näher einging und gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war, legt Kießler nun Wert auf Details. „Sie hat sich geärgert, weil sie keine Mittel für ihr Trainingslager in China erhalten hat“, sagt der Bundestrainer. Birgit Fischer war im März drei Wochen lang in China. Sie habe dieses Projekt schon im November angekündigt, sagt Kießler. Damals teilte sie dem Verband mit, dass sie sich allein auf die Saison vorbereiten wolle, und fragte, ob es finanzielle Unterstützung für ein Trainingslager in China gebe. Die gibt es. Aus einem Sondertopf können Sportler Geld für solche Projekte erhalten. Nur: Solche Projekte müssen rechtzeitig beantragt werden. Das habe Fischer auch gewusst, sagt Kießler. „Aber das hat sie nicht gemacht.“ Er hatte von ihr nichts mehr von den Chinaplänen gehört, da sei er davon ausgegangen, dass das Projekt gestorben sei. „Dann fragte sie fünf Tage vor dem Abflug, ob sie Geld haben könne“, sagt Kießler. „Da war einfach nichts mehr zu machen.“ Er habe ihr das auch gesagt. „Aber sie hat das nicht richtig eingesehen. Sie dachte wohl, das muss einfach gehen.“

Doch es geht wohl nicht bloß um das Geld für China. Jedenfalls sagt das Kießler. „Es geht auch noch um den alten Streit mit Katrin Wagner-Augustin.“ Die Olympiasiegerin Wagner-Augustin hatte bei der WM 2005 Fischer hart kritisiert. Die erste Entschuldigung kam noch bei der WM, in Anwesenheit von DKV-Präsident Olaf Heukrodt. „Birgit hat auf ihre Weise reagiert“, sagt Heukrodt. Übersetzt: Sie hat die Entschuldigung nicht angenommen. Wagner-Augustin hatte sich danach nochmal entschuldigt, aber das genüge Fischer nicht, sagt Bundestrainer Kießler. „Sie will, dass Katrin Wagner-Augustin, sie selber und ein Verbandsvertreter sich nochmal zusammen- setzen und alles nochmal besprechen.“ Für Wagner-Augustin sei der Fall nach ihren Entschuldigungen jedoch erledigt. „Ich sehe kaum Chancen für eine Klärung dieses Punktes“, sagt der Bundestrainer.

Er hat gestern mit Fischer telefoniert. „Sie kann in die Nationalmannschaft paddeln, wenn sie bei der Sichtung gut abschneidet“, sagt Kießler. Doch so weit wird es wohl nicht kommen. „Birgit hat definitiv gesagt, dass sie nicht starten wird.“

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