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Mattias Zachrisson (links) ist viertbester Torschütze der Berliner, Fredrik Petersen sogar zweitbester. Foto: Imago

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EHF-Pokal: Warum die Flügelzange der Füchse so wichtig ist

Fredrik Petersen und Mattias Zachrisson spielen seit vergangenem Sommer bei den Füchsen Berlin. Nach dem Pokalsieg sollen die beiden Außenspieler ihre Mannschaft auch zum ersten Titel im Europapokal führen. Ein Besuch bei dem schwedischen Duo.

Fredrik Petersen und Mattias Zachrisson lassen ihre Blicke für einen Augenblick durch die Trainingshalle wandern, ehe sie einander ungläubig anschauen. „Was wir gemeinsam haben?“, fragt Petersen nach. Längere Pause. „Wir kommen aus Schweden“, sagt Zachrisson und lacht. „Und wir sind ziemlich schnell“, sagt Petersen. Beide lachen. Weil es so offensichtlich ist, dass hier gerade zwei ziemlich unterschiedliche Typen an einem Tisch sitzen. Petersen, Frisur frisch aus der Steckdose, Stoppelbart, ist in kompletter Trainingsmontur in die Halle gekommen. Der 30-Jährige hat ein ausgeprägtes Mitteilungsbedürfnis. „Ich rede gern und viel“, sagt er am Anfang des Gesprächs. Mattias Zachrisson, akkurater Scheitel, frisch rasiert, Trainingsanzug, hält sich eher zurück, nickt nur zustimmend. „Was soll ich sagen?“, fragt der 22-Jährige. „Auf dem Feld funktioniert es ganz gut.“

Seit vergangenem Sommer bilden die Nationalspieler die Flügelzange bei den Füchsen Berlin, und ihre Bilanz könnte wahrlich schlechter ausfallen. Am Wochenende haben sie mit Berlins Handball-Bundesligisten die Chance, dem Sieg im DHB-Pokal vor wenigen Wochen einen weiteren Titel folgen lassen, diesmal auf europäischer Ebene und zu Hause in Berlin. Im Halbfinale um den Pokal der Europäischen Handballföderation (EHF) treffen die Füchse am Samstag in der Max-Schmeling-Halle (14.30 Uhr, live im RBB) auf Pick Szeged, das Endspiel des Finalturniers findet am Sonntag statt. „Ich bin mit der Hoffnung nach Berlin gekommen, dass wir irgendwann einen Titel gewinnen können“, sagt Zachrisson, „jetzt haben wir die Chance auf zwei in einer Saison, das wäre herausragend.“ Und daran haben die Schweden erheblichen Anteil.

Zachrisson und Petersen sind vor der Saison mit der Maßgabe verpflichtet worden, das Konterspiel der Füchse zu beleben. In diesem Bereich und beim eigenen Rückzugsverhalten hatten Manager Bob Hanning und Trainer Dagur Sigurdsson das größte Steigerungspotenzial ausgemacht und den Kader auf nahezu allen Positionen verändert. Nun, nach 32 Bundesliga-Spieltagen, sprechen nicht nur die Zahlen für die beiden Außenspieler. Petersen ist nach Konstantin Igropulo (158) zweitbester Torschütze der Berliner (113) und Zachrisson belegt mit 86 Treffern Rang vier in der internen Wertung. „Vor allem aber passen sie menschlich ins Team, weil sie gute Typen mit Mentalität und Ausstrahlung sind“, sagt Sportkoordinator und Co-Trainer Volker Zerbe.

2013 erzielte Petersen das Tor des Jahres

„Früher, als ich die Haare noch lang getragen habe, war ich ziemlich wild“, sagt Petersen. Zahlreiche Tattoos an seinem Körper künden aus dieser Zeit. „Seitdem ich eine Familie habe, bin ich ruhiger geworden und verbringe meine Freizeit ausschließlich mit meiner Frau und meiner Tochter.“ Im Berufsleben ist sich der Linksaußen glücklicherweise treu geblieben. „Ich mache gern verrückte Sachen, ausgefallene Würfe“, sagt er, „aber auch nicht mehr so oft wie früher.“

2013 erzielte Petersen, damals noch im Trikot des HSV, das Tor des Jahres in der Handball-Bundesliga. Bei einem Konter drehte er sich zunächst um die eigene Achse, ehe er den Ball am gegnerischen Keeper vorbei ins Netz warf. Auf der Internetplattform „Youtube“ gibt es ein Video, in dem er einen Handball vom Balkon seiner Wohnung aus in einen etwa 50 Meter entfernten Mülleimer wirft, Regie führte sein damaliger Teamkollege, die dänische Abwehrlegende Kasper Nielsen. Untertitel: „sick throw“, kranker Wurf. „Dafür habe ich eine Kiste Bier gewonnen“, sagt Petersen, „ist verdammt lange her“.

Aus der schwedischen Kleinstadt ins große Berlin

Und auch bei den Füchsen sorgte er für eine der verrücktesten Szenen der Saison, beim Auswärtsspiel in Balingen. Weil es Petersen in seiner Funktion als zusätzlicher Feldspieler nicht gelang,, nach eigenem Ballverlust mit Silvio Heinevetter zurückzuwechseln, fand er sich plötzlich selbst im Tor wieder – und parierte einen Wurf von außen. Als hätte er nie etwas anderes gelernt. „Wir wussten, was wir an ihm haben würden“, sagt Manager Bob Hanning, „Freddie kam ja mit einer guten Visitenkarte.“ Olympia-Silber 2012 zum Beispiel, oder Champions-League-Sieger 2013 mit dem HSV.

Olympisches Silber hat Zachrisson 2012 ebenfalls gewonnen. „Ich war zwar nur Reservist, aber ich habe eine Medaille“, sagt der 22-Jährige. Bei den Füchsen stand er dagegen von Saisonbeginn an fast immer in der ersten Formation und verdrängte sogar Markus Richwien, den langjährigen Stammspieler auf Rechtsaußen. „Ich bin selbst überrascht, dass ich so viel Spielzeit bekommen habe. Für mich war das ein großer Schritt vor der Saison: aus der schwedischen Kleinstadt ins große Berlin, in die beste Handball-Liga.“ Geholfen haben ihm in der ersten Zeit vor allem seine Landsleute, eben Petersen und Kreisläufer Jesper Nielsen. „Wir kennen uns alle aus dem Nationalteam, können in unserer Sprache sprechen, fahren in einem Auto zum Training.“ Wenn das mal keine dritte Gemeinsamkeit ist.

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