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Mit allen Wassern gewaschen. Julian Real (links) zählt trotz seiner erst 23 Jahre schon zur Weltspitze und soll beim Neuaufbau des Nationalteams helfen .

© dpa

Wasserball: Videos aus dem Untergrund

Deutschlands Wasserballer spielen zum Start der WM in Barcelona am Montag gegen die weitgehend unbekannten Kasachen. Bundestrainer Nebojsa Novoselac will die Wissenslücken mit Videomaterial schließen.

In den vergangenen Tagen ging es manchmal sehr geheimnisvoll zu im Lager der deutschen Wasserballer. Und zwar immer dann, wenn es um Kasachstan ging, den ersten Gruppengegner bei der Weltmeisterschaft. Die Auswahl aus Zentralasien spielt am Montagabend zum Auftakt gegen das Team von Bundestrainer Nebojsa Novoselac. Der neue Chef der deutschen Mannschaft, seit Januar als Nachfolger von Hagen Stamm im Amt, gilt als sehr einfallsreich, wenn es um das Aufstöbern von Filmmaterial über die jeweiligen Konkurrenten geht. Nationalspieler Julian Real erzählt schmunzelnd: „Der Trainer ist immer eifrig dabei, irgendwelche Videoaufzeichnungen von anderen Teams über Dritte zu besorgen.“ Doch der Centerdecker vom Deutschen Meister ASC Duisburg weiß, dass die Kasachen selbst für Novoselac eine ganz harte Nuss waren.

„Über die wurde viel gemunkelt. Man hörte ständig, dass sie für die WM irgendwelche Serben verpflichtet haben“, berichtet er in einem Ton, als müsse in diesem Fall umgehend Interpol eingeschaltet werden. Doch dann grinst Real, erinnert sich daran, dass sein neuer Chef nicht nur ein gewiefter Untergrundforscher, sondern auch gebürtiger Serbe mit einer reichhaltigen Titelsammlung als Aktiver und Trainer ist. „Er wird uns gut vorbereiten, da mach' ich mir überhaupt keine Sorgen. Wenn die WM startet, wissen wir genau, wer uns da gegenüber steht und was die für Sachen machen.“ Zudem gelte: „Bisher haben wir überall gegen Kasachstan gewonnen. Ich erwarte nicht, dass sie plötzlich Wasserball von einem anderen Stern spielen.“

Von den Deutschen erwartet das ebenfalls niemand – schließlich hat die Mannschaft nach der verpassten Olympia-Teilnahme einen gewaltigen Umbruch hinter sich. Die Leistungsträger Marc Politze, der die schlechte Kommunikation mit Novoselac beklagte, Alexander Tchigir, Fabian Schroedter und Florian Naroska wurden nach dem Wechsel auf der Bundestrainerbank nicht mehr berücksichtigt oder hängten die Badekappe freiwillig an den Nagel. Und Routinier Tobias Kreuzmann kümmert sich momentan lieber um seine Diplomarbeit und hat daher für die WM abgesagt.

Julian Real, der mit seinen 23 Jahren schon zur Weltspitze zählt, fällt in Barcelona daher bereits eine tragende Rolle zu. „Solche Brüche im Kader sind im nacholympischen Jahr relativ normal, das hab' ich auch von anderen Nationen gehört“, sagt der junge Mann, der seine außerordentlichen Fähigkeiten auch im Angriff immer wieder unter Beweis stellt. „Und dass es bei uns jetzt so krass ist, damit müssen wir eben umgehen.“

Die WM ist auch eine Chance zur Wiedergutmachung nach der verpassten Olympia-Qualifikation

Zumal die WM an der spanischen Mittelmeerküste auch eine Chance zur Wiedergutmachung ist. „Die verpasste Olympia-Qualifikation sitzt immer noch tief drin“, gibt Real zu. Nach den geheimnisumwitterten Kasachen warten als Gegner in der Gruppenphase noch der Olympia-Zweite Italien und Rumänien. „Prinzipiell können wir jede Mannschaft schlagen, das gilt immer noch. Italien allerdings ist total gut, da muss schon vieles auf einen Tag fallen, damit wir die schlagen. Aber Platz zwei sollte machbar sein, keine Frage“, glaubt Real.

Woran der gebürtige Oberhausener nicht glaubt, ist, dass die Topklubs aus den führenden Wasserballnationen in Osteuropa während der WM ein verschärftes Auge auf Topakteure wie ihn werfen. Im Fußball ist solch ein globales Turnier zugleich der Einkaufsbasar für die großen Klubs. Wasserball jedoch kommt im Vergleich dazu als nahezu geschlossene Gesellschaft daher. Dass ein Bundesligaspieler wie der neue Nationalmannschaftskapitän Moritz Oeler, der zuletzt für ein Jahr bei Vasas Budapest spielte, ins Ausland wechselt, ist in dieser Branche eine echte Rarität.

„Der deutsche Markt bleibt international relativ unberührt. Die wollen da unten eher unter sich bleiben“, sagt Julian Real und hebt verwundert die Schultern. „Meistens ist es so, dass Serben und Kroaten untereinander wechseln.“ Und manchmal ist es so, dass die Wasserballgroßmacht Serbien vor Turnieren wie dem in Barcelona den einen oder anderen ihrer Spieler mal eben nach Kasachstan transferiert.

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