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Sport: Weg freigeräumt auf der Treppe nach unten

WOLFRAMS-ESCHENBACH .Endlich war der Zeitpunkt gekommen, den Fußballer gewöhnlich besonders zu schätzen wissen.

Von Karsten Doneck, dpa

WOLFRAMS-ESCHENBACH .Endlich war der Zeitpunkt gekommen, den Fußballer gewöhnlich besonders zu schätzen wissen.Nach zermürbender Konditionsarbeit im Training kam der Ball ins Spiel.Doch während die anderen Tennis-Borussen tricksten und sich in Traumpässen versuchten, schlich ein Mann gesenkten Hauptes vom Platz der SpVgg.DJK Wolframs-Eschenbach.Jens Melzig hatte eindeutig genug.Nach einer Leistenoperation, die noch keine zwei Wochen zurückliegt, muß sich der Verteidiger im TeBe-Trainingslager in dem kleinen fränkischen Städtchen nahe Ansbach noch in Geduld üben.Daß einem ehrgeizigen Profi wie Melzig gerade dies verdammt schwerfällt, weiß zumindest sein Trainer Hermann Gerland."Den Melle", sagt Gerland, "den mußt du andauernd nur bremsen." Und wer Gerland von seiner aktiven Zeit her kennt, der registriert diese Aussage durchaus als Kompliment für den Spieler.

Momentan muß sich Melzig - mehr auf Befehl "von oben", denn aus eigener Einsicht - mit Lauftraining begnügen.Aber in zwei, drei Tagen - spätestens, versteht sich! - will auch er wieder "am Ball arbeiten".Und die noch nicht lange zurückliegende Leistenoperation? "Ach", sagt Melzig da, "das war doch nur eine Lappalie." Und er erinnert sich in diesem Zusammenhang an seinen weitaus größere Not leidenden Mitspieler Zbigniew Szewczyk."Dem sind die Kreuzbänder gerissen.Das ist wirklich schlimm", sagt Melzig voller Mitleid.Einen Jens Melzig haut so schnell nichts um.

Und solch aufrechte Haltung ist wiederum genau nach Gerlands Geschmack.Der TeBe-Trainer lobt bei dem 32jährigen "seine Wucht, diese Dynamik und Leidenschaft, dazu kommt die absolute Leistungsbereitschaft".Melzig - der Musterprofi.Und der Schrecken gegnerischer Abwehrspieler.Die Frage stellt sich zwangsläufig: Wieso hat es so einer nicht zu Höherem gebracht? Dragoslav Stepanovic, der permanent Zigarillos rauchende Trainer, hat mal erkannt: "Melzig spielt genauso wie Jürgen Kohler." Der gravierende Unterschied: Kohler ist Nationalspieler geworden, Melzig tauchte nach seinem Bundesliga-Dasein bei Dynamo Dresden und Bayer Leverkusen zuletzt in der Regionalliga Nordost wieder auf: zuerst bei Energie Cottbus, dann bei TeBe.Mit beiden Klubs schaffte er den Zweitligaaufstieg.

Dennoch: Irgendetwas muß doch verkehrt gelaufen sein in der Karriere des Kohler so ähnlichen Melzig."Ich habe alles richtig gemacht", beteuert Melzig zwar treuherzig, aber bei genauerem Nachhaken gibt er dann doch zu, daß der Wechsel seinerzeit von Bayer Leverkusen zum Chemnitzer FC vielleicht doch nicht das Gelbe vom Ei gewesen sei."Mag sein, daß das eine Kurzschlußhandlung war", sagt er.Nachdem Erich Ribbeck das Traineramt in Leverkusen übernommen hatte, geriet Melzig unerwartet ins zweite Glied."Ribbeck hat ohne mich geplant", erinnert er sich."Bei ihm wäre ich der zwölfte oder 13.Mann gewesen." Eine Rolle, die unvereinbar mit seinem Ehrgeiz ist.Und weil Bayer die Ablösesumme, möglicherweise Melzigs wahrem Wert entsprechend, für diesen kompromißlosen Abwehrrecken in unermeßliche Höhen trieb, ging Melzig nach Chemnitz."Bereut habe ich diesen Schritt nie", sagt er."So hatte ich mehr Zeit für die Familie und stand auch nicht so im Licht der Öffentlichkeit." Schon als er von Cottbus zu Dresden in die Bundesliga kam, blieb er eher schweigsam.Er gab Antworten lieber auf dem Platz.

Medienrummel, allgemeines Schulterklopfen - Melzig mag diese Dinge nicht sonderlich.Ihm ist anzumerken: Er will die Leute auf dem Fußballplatz überzeugen - durch Leistung, nicht mit großen Worten.Momentan hindert ihn daran die nun einmal notwendige Rekonvaleszenzzeit nach einer Leistenoperation.Zeit genug hat er also, um Pläne für die Zukunft zu schmieden."Ich spiele, solange ich Spaß habe", sagt er.Sein Vertrag bei TeBe läuft Ende der kommenden Saison aus."Wir werden in der Winterpause sicherlich miteinander reden", verkündet er, "und wenn der Verein will, werde ich auch bleiben." Hermann Gerland wird solche Worte seines Kapitäns mit Wohlwollen registrieren.Der Trainer weiß schließlich, was er an Melzig hat.

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