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Sport: „Wegschießen, weiterarbeiten“

Andreas Neuendorf über Herthas Weg aus der Krise

Sie malen gern, Herr Neuendorf. Wenn Sie eine Momentaufnahme von Hertha malen würden, wie sähe die aus?

Gar nicht so übel. Die Strichführung wäre nicht aggressiv, ich würde keine schwarze Farbe verwenden, auch keine graue . Wir kriegen halt genug auf den Deckel, ich muss das nicht auch noch im Wohnzimmer haben.

So ähnlich redet Ihr Trainer Huub Stevens. Der sagt: „Wir müssen positiv denken.“ Nur, was, bitte schön, ist zurzeit positiv bei Hertha BSC?

Natürlich fehlen uns die Argumente. Die Euphorie, die vor zwei Monaten in der Stadt zu spüren war, ist verschwunden. Das kriege ich auch zu spüren, neulich erst beim Einkaufen, es ist ein härterer Ton geworden. Ich erzähle den Leuten dann keinen Blödsinn, sondern was Sache ist.

Und, was ist Sache?

Wir wollten in die Champions League, haben einen Fehlstart hingelegt und stehen jetzt da unten. Wir müssen gewinnen. Aber das haben wir auch vor einem Monat gesagt. Wir müssen bis zur Winterpause da unten rauskommen und dann eine gute Rückrunde hinlegen. Und wir müssen das Rückspiel gegen Groclin im UefaCup gewinnen. Gas geben, wegschießen, weiterarbeiten.

Das sind die üblichen Durchhalteparolen.

Ich kann ja nichts anderes erzählen. Die Stimmung in der Mannschaft ist gut. Natürlich stehen wir nicht auf dem Trainingsplatz und lachen uns kaputt. Aber wir treffen uns auch nicht zum Mannschaftsabend, sitzen am Esstisch und schaufeln schweigend die Nudeln in uns hinein. Wir reden, bauen die Kollegen auf, aber wir zicken nicht rum.

Wer baut die Kollegen auf? Führungsspieler wie Beinlich, Sverrisson, Preetz haben das Team im Sommer verlassen.

In gewisser Weise spürt man das. Die sind mit uns groß geworden, die hatten Erfahrung, sie sind in diese Rolle reingewachsen.

Der Einzige, der derzeit führt, sind Sie. Aber von Ihnen wird das nicht erwartet. Was ist denn mit Niko Kovac, Fredi Bobic?

Das sind sehr wohl Führungsspieler. Fredi Bobic ist ja nicht umsonst Nationalspieler, aber wir sind derzeit nicht in der Lage, ihn so anzuspielen, wie er es braucht. Auch Niko Kovac: Ich habe mit dem in Leverkusen gespielt, ein Klassetyp, aber es läuft halt bei ihm nicht. Und Dick van Burik war zuletzt verletzt. So zieht sich das durch die Mannschaft. Es gibt aber auch Positives.

Zum Beispiel?

Unser 2:2 in Bochum. Danach war die Stimmung wieder besser, etwas optimistischer. Da sind wir zweimal in Führung gegangen, aber wir schaffen halt nicht den Sieg. Gegen den HSV war es ähnlich. Wir müssen nur ein Tor nachlegen, dann brechen die ein. Am Ende hieß es wieder 1:1. Und in München hat keiner die Wende erwartet.

Da haben Sie 1:4 verloren …

… aber lange gut mitgespielt.

Viele Nationalspieler sind jetzt auf Länderspielreise und können sich ablenken. Sie müssen in Berlin bleiben.

Na, und? Ich bleibe zu Hause und mache meinen Job, ich rede mit den Fans. Ich lass mich schließlich auch feiern, wenn wir gewinnen. Glauben Sie uns: Das macht mehr Spaß.

Das Gespräch führte André Görke.

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