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Sport: WEISE nach Peking

Wer dir in deiner Gegenwart schmeichelt, verleumdet dich in deiner Abwesenheit. Zhuang, Dichter und Philosoph Heute also beginnen die Olympischen Spiele, sie sind so ideologisch aufgeladen wie die vor 28 Jahren in Moskau.

Wer dir in deiner Gegenwart schmeichelt, verleumdet dich in deiner Abwesenheit.

Zhuang, Dichter und Philosoph

Heute also beginnen die Olympischen Spiele, sie sind so ideologisch aufgeladen wie die vor 28 Jahren in Moskau. Für die einen ist es der Beginn einer Propagandashow in einem Land, in dem Menschenrechte keine Rolle spielen. Für die anderen sind sie das Symbol der Gewissheit, endlich zu den Großen zu zählen in der Weltengemeinschaft. Der Westen gegen China, China gegen den Westen. Zeit also, sich an den Meister Zhuang zu erinnern.

Der chinesische Dichter und Philosoph Zhuang lebte zirka 365 bis 290 vor Christus und verfasste ein Buch, das den Ehrentitel „Das wahre Buch vom südlichen Blütenland“ trägt. Es gilt bis heute als eines der Hauptwerke des Daoismus. In einem Kapitel über den Räuber Zhi schreibt Meister Zhuang den weitblickenden Satz: „Wer dir in deiner Gegenwart schmeichelt, verleumdet dich in deiner Abwesenheit.“

Das könnte zum Beispiel der chinesischen Regierung zu denken geben. Es ist nicht sicher, dass Meister Zhuang beim Verfassen dieser Zeile an die chinesische Zensur gedacht hat, die mehr als 2000 Jahre nach seinem Tod in China existieren würde. Aber geschmeichelt wird viel in diesen Tagen in den Zeitungen des Landes. So lauteten die Schlagzeilen von „China Daily“ am Tag vor der Eröffnungsfeier: „Fackelzeit in der Stadt, während das Fieber steigt“ oder „US-Radfahrer entschuldigen sich, Masken getragen zu haben“.

Aber will uns Meister Zhuang nicht lehren, dass ehrliche Kritik bedeutsamer ist als ständige Schmeicheleien? Dass eine kreative Auseinandersetzung ein Ausdruck von Zuneigung sein kann? Wenn alles harmonisch und gut ist, gibt es keinen Anlass für Verbesserungen und Fortschritt. Doch auch der Westen könnte beim nächsten Mal daran denken, dass die eine oder andere chinesische Kritik berechtigt geäußert wird. Und als Zeichen von gegenseitigem Interesse gewertet werden kann. Denn ab heute wird es weitergehen, nicht nur in den Stadien: Der Westen gegen China, China gegen den Westen …Benedikt Voigt

— An dieser Stelle haben wir bis heute einmal im Monat für die Olympischen Spiele in der Disziplin Sprücheklopfen trainiert. Die Weisheit stammt aus Buch „Chinesische Aphorismen – berühmte Sprüche chinesischer Denker aus fünf Jahrtausenden“, erschienen im Sinolingua-Verlag.

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