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Sport: Weißes Silvester

Im Münchner Olympiastadion beginnt heute die Tour de Ski – eine Generalprobe für Winterspiele?

München - Etwas war neu, als Wilfried Spronk am Freitagmorgen die wenigen Meter zwischen seiner Geschäftsstelle an der Münchner Olympiahalle und dem Olympiastadion zurücklegte. Jahrzehntelang ist er diese Strecke gegangen, zu Bundesligaspielen, Champions League, Konzerten. Diesmal aber überkam den Geschäftsführer der Olympiapark GmbH ein sentimentales Gefühl. Verwundert fragte er seinen Pressechef Arno Hartung: „Hättest du vor fünf Jahren gedacht, dass wir einmal ins Olympiastadion zum Langlaufen gehen werden?“

Es ist schon ein ungewöhnliches Ambiente, in dem heute die erste Tour de Ski startet: Angerer statt Arsenal bekommen die Zuschauer zu sehen, die heute zum Sprintwettbewerb ins Münchner Olympiastadion kommen. Dort sind in den letzten Wochen 4000 Kubikmeter Kunstschnee ausgelegt worden. Wo einst Heide Rosenthal die 4x100-Meter-Staffel der DDR niederrang, gleiten Langläufer über eine 30 Zentimeter dicke Schneeschicht. „Wir hätten das Rennen auch im Olympiapark machen können, aber das Stadion ist eine besondere Attraktion“, sagt Spronk.

Nach dem witterungsbedingten Ausfall der Rennen von Nove Mesto ist München plötzlich die erste Station der Tour de Ski. Was noch mehr Aufmerksamkeit auf München richtet. „Das Medieninteresse ist gigantisch“ sagt der Olympiapark-Geschäftsführer. 3000 Karten sind im Vorverkauf abgesetzt worden. „Damit hätte ich nie gerechnet“, sagt Spronk, „jeder weiß, wie groß das Olympiastadion ist, eigentlich muss niemand seine Karten vorher kaufen.“

München entwickelt sich offenbar zu einem Wintersportstandort. Anfang Dezember fand vor 27 000 Zuschauern zum zweiten Mal das Air & Style-Festival der Snowboarder im Olympiastadion statt. Die neue Leidenschaft für den Wintersport kommt zu einem günstigen Zeitpunkt, die bayerische Hauptstadt plant, sich für die Olympischen Winterspiele 2018 zu bewerben. „Es zeigt, dass selbst in der Stadt gute Möglichkeiten für den Wintersport vorhanden sind“, sagt der Präsident des Deutschen Skiverbandes, Alfons Hörmann. Als Testlauf für die Olympiabewerbung will er den heutigen Langlauf aber nicht bewerten. „Das hat eine andere Dimension.“

Die Chancen Münchens, als erste Stadt Sommer- und Winterspiele auszurichten, stehen gegenwärtig nicht gut. Sollte Salzburg im Juli 2007 den Zuschlag für die Winterspiele 2014 erhalten, hat sich das Vorhaben erledigt. „Dann sind wir weg vom Fenster“, sagt Münchens Bürgermeister Christian Ude. Zu nahe liegt Salzburg, zudem bewerben sich die Österreicher mit Berchtesgaden als Bob- und Rodelstandort. Das haben die Münchner auch vor. Die Chancen Salzburgs sind zuletzt gestiegen, nachdem sich Hoteliers im oberbayerischen Grenzgebiet bereit erklärt haben, 4500 Gästebetten zur Verfügung zu stellen.

„Wenn aber Salzburg die Winterspiele nicht bekommt, muss es sehr schnell gehen“, sagt Hörmann. Dann muss sich der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) entschließen, ob er sich mit Hamburg oder Berlin für Olympische Sommerspiele bewerben will – oder mit München für Winterspiele. Für den Skiverbandspräsidenten ist klar, was der DOSB entscheiden sollte. „Die Wahrscheinlichkeit, Winterspiele zu bekommen, ist viel größer“, sagt Hörmann.

In diesem Fall aber soll der olympische Langlauf nicht in München ausgetragen werden. „Auf den langen Strecken sind die Möglichkeiten in unseren alpinen Zentren wesentlich besser“, sagt Hörmann. Einen olympischen Langlauf- Sprintwettbewerb in München möchte er aber nicht ausschließen. „Das ist ein Sport, der in der Stadt stattfinden kann.“ Heute müssen die Läufer zwei Runden im Olympiastadion drehen, die Frauen bewältigen dabei einen 800 Meter langen Kurs, die Männer sprinten 1200 Meter. Der Schnee stammt zum Teil vom Snowboard-Wettbewerb vom 7. Dezember und ist in zwei großen Kühlzelten aufbewahrt worden.

Für die Olympiapark GmbH lohnt sich der Aufwand. „Nach dem Auszug des Fußballs wollen wir verstärkt neue Attraktionen im Park haben“, sagt Wilfried Spronk. Auch in Zukunft solle das Olympiastadion eine Station der Tour de Ski bleiben. Einen Weltcup-Slalom, wie er schon einmal auf dem Olympiaberg in den Achtzigerjahren stattgefunden hat, will er aber nicht mehr organisieren. „Einen derart warmen Winter kann man nicht ignorieren“, sagt Spronk, „das Risiko ist viel zu hoch, dass man sein Geld in Matsch investiert.“ Immerhin, so lange der Kunstschnee in München hält, sollen Kinder und Jugendliche davon profitieren. Für vier Euro Eintritt können sie am Neujahrstag im Olympiastadion langlaufen. Wo kann man das schon in diesem Winter?

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