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Sport: Weißwurst ohne Würze

Nach Lauterns 1:3 verblasst Janckers Werbung

Wie viel Mühe hatte sich doch Carsten Jancker gegeben in den vergangenen Wochen. Er hatte sich bis ins Herz der Pfälzer Fußballfreunde begeben und die hartnäckigsten seiner Kritiker besänftigt. Nach einem netten Weißwurstessen hatte sogar die „Gruppo anti Jancker“ ihren Widerstand gegen seine Verpflichtung aufgegeben. Am Samstagabend nun stand der bullige Mann da und sah nur noch verzweifelt aus. Die kulinarische Werbetour hatte mit der ernüchternden 1:3-Heimniederlage gegen Aufsteiger 1. FC Nürnberg ihre Würze verloren. „Hm, ich habe mich eigentlich gut geschlagen. Ich habe sieben Wochen Gas gegeben und mich so auf dieses erste Spiel gefreut“, sagte Jancker. Er sprach leise, ja, er hauchte mehr kraftlos. Die neue Hoffnung des Krisenklubs aus dem Südwesten auf bessere Zeiten war vom Klang seines Namens gespeist worden und von dem Christian Nerlingers. Nationalspieler einst, jubelnd im Strafraum und die Hand einst an glänzenden Pokalen.

Ratlos ging Jancker nach dem Schlusspfiff auf dem Rasen in die Knie, sein Blick krallte sich irgendwo fest. Er ist erst 29 Jahre alt. Kein Alter für einen Fußballprofi, der nach jahrelanger Durststrecke im Ausland so voller Hoffnung in die Heimat zurückgekehrt war. „Aufhören, aufhören“, riefen die enttäuschten Weißwurstesser von den Rängen. Minutenlang pfiffen sie. „Mein Comeback habe ich mir ganz anders vorgestellt. Ich habe alles gegeben, aber ich hätte ein Tor machen müssen“, sagte Jancker.

Bei der Auswahl der Gelegenheiten, um zum Helden zu werden, musste Jancker nicht lange überlegen. Er hatte eine einzige Chance in 90 Minuten. Ansonsten festigte er seinen Ruf, oft genug auf dem Rasen mehr Ringer zu sein als Fußballspieler. Der Nürnberger Bartosz Bosacki aber wäre auch auf der Ringermatte eine Herausforderung für den 1,93 Meter großen Jancker. Es wird wohl ein langer Weg zurück in die oberen Bereiche der Skala für Sympathiewerte werden.

Auch für Christian Nerlinger, den Mann, der von den Glasgow Rangers kam. Als sei er ein Beauftragter der Flugüberwachung, der nach einem rätselhaften Absturz vor endgültigen Analysen zuerst einmal die „Blackbox“ untersuchen muss, sagte Nerlinger: „Ich muss mir das Videoband des Spiels anschauen.“ Er sagte noch etwas, das Raum für Befürchtungen lässt. „Wir müssen vieles ändern, um in der Bundesliga zu bestehen.“

Jancker habe sich „stets bemüht“, sagte Trainer Kurt Jara. Wenn so eine Formulierung in einem Zeugnis steht, ist es im normalen Leben Zeit für eine Umschulung. „Er muss zu mehr Chancen kommen“, sagte Jara und machte bei Christian Nerlinger gleich weiter. „Er hat sich sehr bemüht, aber er konnte die großen Löcher im Mittelfeld nicht stopfen.“

Die Sieger aus Nürnberg hatten es dagegen überhaupt nicht eilig, unter die Dusche zu kommen. „Bundesliga, wir sind wieder da“, rief Trainer Wolfgang Wolf. Mit einer soliden Abwehrleistung, unerschütterlichem Siegeswillen und eiskalten Kontern hatte das jüngste Bundesligateam die Pfälzer bezwungen. Drei der benötigten 40 Punkte seien nun eingefahren. „Wir werden den Ball trotzdem flach halten“, sagte Wolf. Genau das will Carsten Jancker auch tun. Der neue Mann im Sturm weiß nun, dass er dem Pfälzer Anhang als Nächstes Tore auftischen muss und keine Weißwürste mehr.

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