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Thomas Berthold 1990.

© dpa

Weltmeister über WM-Team: Thomas Berthold: „Man sollte jetzt nicht durchdrehen“

Thomas Berthold, 1990 mit der deutschen Elf Weltmeister, beurteilt das Auftaktspiel der Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw bei der WM 2010 in Südafrika.

Ohne Frage, das war ein toller Auftakt der deutschen Mannschaft – aber man sollte jetzt nicht durchdrehen. Denn die Australier haben für mich die bislang schwächste Mannschaft im ganzen Turnier gestellt. Kein angemessenes Zweikampfverhalten, eine blamable Abwehr und katastrophale individuelle Fehler. Der Auftritt hatte Zweitliganiveau. Da ist es auch klar, dass man den Raum hat zu kombinieren. Es war der richtige Gegner, um sich Selbstvertrauen für das Turnier zu holen. Die drei Punkte und vier Tore geben Rückenwind. Sicher sind wir 1990 bei unserem 4:1 im Auftaktspiel ebenso stark ins Turnier gestartet, aber die Jugoslawen hatten viel mehr Klasse als die Australier. Außerdem mussten wir uns im ersten Spiel gar kein Selbstvertrauen holen, wir strotzten vor Zuversicht. Für uns gab es damals nur ein Ziel: den Titel. Auch für alle anderen waren wir der absolute Topfavorit, diese Rolle haben wir von Anfang an angenommen.

Favorit ist die deutsche Mannschaft heute aber selbst nach diesem Spiel nicht – Joachim Löw wird die Spieler da sicherlich auf dem Boden der Tatsachen halten. Teams wie Brasilien, Spanien oder Argentinien haben eine riesige Qualität im Kader. Für mich sind das die Kandidaten auf den WM-Sieg. Unsere Elf wird noch beweisen müssen, ob sie es mit diesen Mannschaften aufnehmen kann. Denn eins steht fest: Einen derart leichten Gegner wie Australien wird es in diesem Turnier nicht mehr geben. Die deutsche Mannschaft ist sehr jung, sie kann sich in einen Rausch spielen. Aber es wird auf die Momente während einer WM ankommen, in denen man beißen muss. Es wird sich zeigen, wie die Mannschaft bei einem Rückstand oder auf größeren Druck des Gegners reagiert.

Schon am kommenden Freitag werden die deutschen Spieler gefordert sein, das Spiel gegen die Serben wird eine ganz, ganz enge Kiste. Trotz der 0:1-Niederlage gegen Ghana halte ich Serbien mit den Topleuten Dejan Stankovic und Nemanja Vidic für sehr stark. Also bitte keinen großen Druck auf Jogis Jungs erzeugen – die heutige Elf ist mit der von 1990 nicht zu vergleichen. Noch nicht.

Aufgezeichnet von Ron Ulrich.

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