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Sport: Weltmeister zweiter Klasse

Warum Thomas Rupprath sich nach seinem Sieg über 50 m Rücken nicht so recht freuen konnte

Barcelona. Thomas Rupprath sagte: „Es war schon ein bewegender Moment“ und starrte auf den Boden. Rupprath sagte: „Es war ein perfektes Rennen“ und blickte zur Seite. Rupprath sagte: „Auf diesen Tag habe ich extrem hart hingearbeitet“, und es klang so, als verkündete er den Kauf einer neuen Badehose. Dabei hatte sich doch eine Stunde zuvor höchst Bemerkenswertes ereignet. Der Profischwimmer Thomas Rupprath aus Neuss war gerade in Weltrekordzeit (24,80 Sekunden) Weltmeister über 50 m Rücken geworden, er hatte bei den Weltmeisterschaften in Barcelona den ersten international bedeutsamen Titel auf einer 50-m-Bahn gewonnen. Auf diesen hatte er fünf Jahre lang gewartet.

Dieser Rupprath, der im Presseraum der Schwimmhalle stand und seine Baseballkappe mit dem Logo seines Sponsors so tief über die Stirn gezogen hatte, dass man kaum seine Augen sah, dieser Rupprath hatte nichts mit dem Schwimmer zu tun, der eine Stunde zuvor im Becken triumphal den Finger in die Höhe gestreckt hatte und den Sieg pathetisch seiner Frau Urte gewidmet hatte.

Warum freute sich der 26-Jährige nicht? Rupprath sagte bloß: „Das muss sich alles noch setzen.“ Das ist eine mögliche Erklärung. Vieles spricht dafür, dass es einen ganz anderen Grund für die merkwürdige Zurückhaltung des Schwimmers gibt: Rupprath hatte Platz fünf bei der WM über 100 m Schmetterling noch nicht verkraftet. Diese Distanz ist ihm wichtiger als das Rennen über 50 m Rücken. Über 100 m Schmetterling wird im kommenden Sommer bei den Olympischen Spielen in Athen geschwommen, über die 50 m Rücken nicht. Die 100 m Schmetterling betrachtet Rupprath als seine eigentliche Paradestrecke. Über diese Distanz „will ich in Athen Olympiasieger mit Weltrekordzeit werden“, hatte er vor ein paar Wochen bei den deutschen Meisterschaften in Hamburg verkündet.

Ein Olympiasieg ist für Thomas Rupprath das Größte. Ein Sieg in Athen ist für ihn schon beinahe Pflicht. Er hat schließlich Sponsoren, die ihn nicht bloß wegen seines austrainierten Körpers unterstützen. Im Frühjahr schloss Ruppraths Manager Stefan Füg einen lukrativen Vertrag mit einer Groß-Brauerei. Angeblich erhält Rupprath mehrere hunderttausend Euro. Auf diesen Hauptsponsor hatte der Manager lange gewartet. „Rupprath hat sich einen Top-Vertrag verdient“, sagt Füg. Und doch hat sein Mandant immer noch ein Imageproblem. Er galt bis zum letzten Tag der Weltmeisterschaften als der Mann, der nur auf der 25 m langen Kurzbahn Weltmeister wird. Auf den 50-m-Bahnen fehlte ihm der große Triumph, ein WM-Titel oder ein Olympiasieg. Seine zwei Europameistertitel von 2002 auf den 50-m-Bahn von Berlin zählen nicht viel. Er ist jetzt doch Weltmeister geworden, aber auf einer nicht-olympischen Strecke. Das relativiert den Erfolg in den Augen der Marketing-Experten. Spätestens in Athen muss Thomas Rupprath das Vertrauen seiner Sponsoren rechtfertigen,

Im WM-Finale über 100 m Schmetterling war Rupprath in Barcelona eine Sekunde langsamer als der Sieger Ian Crocker (USA). Kann man so einen Rückstand aufholen bis zu den Olympischen Spielen? „Ja, wenn ich im Ausdauerbereich mehr arbeite als bisher“, sagt Rupprath. Aber da ist ja auch noch Michael Phelps, der neue Superstar, WM-Zweiter über 100 m Schmetterling. Seine Niederlage galt als Sensation. Der gerade 18 Jahre alte Phelps ist der einzige Schwimmer der Welt, der über 100 m Schmetterling die zweiten 50 m schneller absolviert als die erste Bahn, obwohl auf jener der Zeitvorteil des Startsprungs wirkt. „Wie er so etwas schafft, das sollte mir der junge Mann mal erklären“, sagt Rupprath. Der junge Mann wird sich hüten.

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