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Sport: Wenig Sympathie für den "schändlichsten London-Touristen"

"Iron Mike" Tyson schlägt vor seinem Auftritt gegen Julius Francis am 29. Januar in Manchester auf der Insel fast schon blanker Hass entgegen.

"Iron Mike" Tyson schlägt vor seinem Auftritt gegen Julius Francis am 29. Januar in Manchester auf der Insel fast schon blanker Hass entgegen. Die Tageszeitung "Evening Standard" setzte ihre Kampagne gegen den früheren Box-Weltmeister aller Klassen fort und "verlieh" ihm den Titel des "schändlichsten Touristen Londons", Oscar-Preisträgerin Glenda Jackson bezeichnete es als "sehr gut, wenn Tyson aus dem Land geworfen würde" und der für den Fight angesetzte Referee Roy Francis meinte ohne Rücksicht auf seine eigentlich vorgegebene Neutralität: "Wenn er mit miesen Tricks arbeitet, schmeiß ich ihn ohne Zögern aus dem Ring".

Unter dem Eindruck der öffentlichen Stimmungsmache gegen ihn schlug der 33-Jährige einen überraschenden Schmusekurs ein. "Ich liebe London und Großbritannien und ich habe immer eine gute Zeit hier gehabt, weil ich glaube, dass ich hier bei Freunden bin", meinte Tyson, der mit dem Ohrbiss im Titelkampf gegen seinen US-Landsmann Evander Holyfield 1997 den Tiefpunkt seiner Karriere erreicht hatte.

Noch am Montag war ein Versuch der Organisation "Gerechtigkeit für Frauen" unter beachtlicher Medienresonanz gescheitert, vor einem Londoner Gericht die Ausweisung des US-Amerikaners zu erreichen. Eine Vertreterin der Frauen-Bewegung hatte am "High Court" Klage gegen den Tysons Aufenthalt eingereicht. Diese wurde abgewiesen. Eine Sprecherin der Organisation bezeichnete Tyson als "Schandfleck" und forderte den Boxer auf, die Kampfbörse karitativen Einrichtungen zu spenden.

Die britische Regierung hatte bei Tyson zu einer aussergewöhnlichen Schritt gefriffen und eine selten zu Hilfe genommene Ausnahmeregelung im Rahmen ihres Einwanderungsgesetzes angewendet. Normalerweise dürfen Personen, die länger als zwölf Monate zu einer Haftstrafe verurteilt worden sind, nicht nach England einreisen, es sei denn, sie können die sogenannte "Mitleids-Klausel" für sich in Anspruch nehmen.

"Tatsache ist, dass Mr. Tyson hier ist und der Kampf stattfinden wird. Wenn man berücksichtigt, dass Tausende von Leuten Karten gekauft haben, ist es meiner Ansicht nach unvorstellbar, den Kampf abzusagen", hatte der Vorsitzende Richter Sullivan erklärt. Die 22 000 Plätze in der Man-Arena waren innerhalb von zwei Tagen ausverkauft, und noch wichtiger erschien dem Richter das zu erwartende Interesse von Millionen von Fernsehzuschauern nicht nur in Großbritannien.

Tyson war wegen Vergewaltigung eines jungen Mädchens erstmals 1992 zu einer sechsjährigen Haftstrafe verurteilt worden, saß aber nur die Hälfte ab und war Mitte 1995 wieder entlassen worden. Nach einer handgreiflichen Attacke gegen zwei Autofahrer war er 1999 erneut für vier Monate ins Gefängnis gewandert und ist erst seit acht Monaten wieder auf freiem Fuß.

Tyson kassiert für den Fight gegen den sportlich bisher kaum in Erscheinung getretenen und in der Vergangenheit unter anderem von Axel Schulz bezwungenen Francis umgerechnet 22 Millionen Mark. Dazu vergleichsweise lächerliche 900 000 Mark werden seinem Gegner überwiesen, der sich dennoch über die größte Börse seiner Karriere freuen darf. Für Tyson ist dieser Versuch der sportlichen Rückkehr auch wichtig, weil ihm von seinen Millionenbörsen der Vergangenheit nicht viel übrig geblieben ist und er noch Schulden zu begleichen hat.

Ringrichter Francis will bei dem Duell keinerlei Mätzchen von Tyson zulassen. "Es spielt für mich keine Rolle, dass er mal der größte Schwergewichts-Champion der Welt war. Macht er irgendetwas Dummes oder rastet er aus, werde ich nicht zögern, ihn zu disqualifizieren. Das werde ich ihn vor dem Kampf wissen lassen", meinte der Referee.

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