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Sport: Wenn der Samstag kommt: Die Fünf-Prozent-Hürde

Großbritannien hat in den vergangenen 15 Jahren schon fast vergessen, was ein Streik ist. Industrielle Unruhen sind so richtig aus der Mode gekommen, seit Margaret Thatcher neue Gesetze zu deren Beschränkung eingeführt hat.

Großbritannien hat in den vergangenen 15 Jahren schon fast vergessen, was ein Streik ist. Industrielle Unruhen sind so richtig aus der Mode gekommen, seit Margaret Thatcher neue Gesetze zu deren Beschränkung eingeführt hat. Und seit die traditionellen Arbeitsplätze in der Industrie zerstört wurden, ersetzt durch Arbeitsmuster des Dienstleistungsgewerbes, deren wichtigste Merkmale Gelegenheitsarbeit und Kurzzeitverträge sind. Die Anstellungen der Fußballprofis sind da fast eine Karikatur moderner Arbeitsverträge, mit ihren schnellen Verdienstmöglichkeit aber auch der schrecklichen Unsicherheit. Da war es passend, dass ausgerechnet die Arbeiter auf dem Spielfeld für den 1. Dezember den ersten landesweiten Streik seit Jahren angedroht haben.

Obwohl jeder seit Monaten sagt, dass es nie wirklich zu diesem Ausstand kommen wird, rückt das Datum immer näher. "Wenn das alles auseinanderfällt, gibt es ein Blutbad", warnte Arsenals Vizepräsident David Dein noch in dieser Woche. Es geht, ums Geld - wenn auch nicht um Löhne. Die Vereiningung der Profifußballer (PFA), geführt von Gordon Taylor, einem Mann mit Kreidestimme und hartem Verhandlungstil, hat schon immer ihren Anteil an den Fernseherlösen erhalten. Sie unterstützt ehemalige Profis und vertritt die Interessen von 75 Prozent der Spieler, die noch vor dem 21. Lebensjahr mit dem Fußball wieder aufhören. In den späten Achtziger- und frühen Neunzigerjahren zahlte die PFA die Löhne für Spieler bei Klubs, die kurz vor dem Ruin standen. Außerdem spielte sie bei der Kampagne "gegen Rassimus im Fußball" eine führende Rolle.

Nichts davon beeindruckt die Vereinsbosse. Trotz astronomisch hoher Fernseheinnahmen haben Premier League und Football League es abgelehnt, den von der PFA geforderten traditionellen fünfprozentigen Anteil Geld abzutreten. Mit der Begründung, dass deren Vertreter ihren Betrag übermäßig und unnötiger Weise erhöht hätten. "Wir wurden von Gordon Taylor lächerlich gemacht, beschimpft und mit Schlamm beworfen", sagt Chelseas jähzorniger Boss Ken Bates. Er und seine Kollegen ärgern sich vor allem über die hohe Bezahlung von Taylor - und über den jährlichen Gewerkschaftsbeitrag, der pro Spieler nur 75 Pfund beträgt, egal ob es sich um David Beckham oder einen Haudegen aus der Dritten Liga handelt.

Vor zwei Wochen haben die Spieler mit 99 Prozent für einen Streik gestimmt, mit einer Beteiligung von über 90 Prozent. Spitzenspieler wie Tony Adams und Gary Neville haben sich für die Gewerkschaftsposition ausgesprochen und ihre Verpflichtung gegenüber weniger begüterten Mitgliedern bekundet. Schon deswegen werden die Klubbesitzer wahrscheinlich einlenken, und auch, weil ihre Vertragspartner, die Fernsehgesellschaften, sonst eine unangenehme Quittung durch die Einschaltquoten erhalten würden. "Im Augenblick sieht es so aus, als könnten beide Seiten glücklich werden", hat Taylor der BBC gesagt. Die PFA wird wohl nicht die angestrebten fünf Prozent bekommen, aber sehr viel mehr, als Klubs und Liga eigentlich zahlen wollten. Anders als in den Achtzigerjahren scheint die Gewerkschaft diese Machtprobe überzeugend gewonnen zu haben.

Mike Ticher

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