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Sport: Wenn Freiheit missbraucht wird

Die Eisbären wirken vor dem Saisonauftakt nervös

Berlin - Peng! Und noch mal: peng! Fliegendes Hartgummi, die Plexiglasbande im Sportforum Hohenschönhausen ächzt. Da geht es Christoph Gawlik nicht anders. Der junge Eishockey-Nationalspieler vom EHC Eisbären seufzt so vor sich hin. Die von ihm aus ein paar Metern Distanz abgefeuerten Pucks wollen nicht im Ziel einschlagen. Kollege Stefan Ustorf, schon auf dem Weg in die Kabine, beobachtet den Fehlschützen und brüllt: „Sechs von elf Stück hast du am Tor vorbeigeschossen.“ Zu oft daneben, das ist daneben. Ustorf lacht.

So lustig ging es beim Training der Eisbären gestern nicht immer zu. Angespannt sind sie bei den Berlinern nach der Vorbereitung: In sieben Spielen gab es nur zwei Siege, im Schnitt aber über fünf Gegentore pro Spiel. Heute, eine Woche vor dem Start in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), tritt der Deutsche Meister zum Erstrunden-Pokalspiel an, bei Zweitligist Schwenningen im Bauchenbergstadion, wo die große Eishockey-Welt selten vorbeischaut. Die Eisbären können im ersten Pflichtspiel der Saison nur verlieren, bei einem Gegner, „der voller Stolz“ auflaufen wird, wie Pierre Pagé zu wissen glaubt. Dem Trainer der Eisbären ist nicht ganz so wohl, kurz vor der ersten möglichen Blamage der neuen Saison. „Wir haben hier zu viel Spaß“, sagt er. „Ich habe den Spielern gesagt, ihr habt zu viele Freiheiten, ihr missbraucht eure Freiheiten.“ Denn der Meister will schließlich wieder Meister werden. Zweimal sind die Eisbären zum Titel gestürmt. Stets erwiesen sich dabei die während der Saison geholten Verstärkungen als maßgeblich. Pagé weiß also, wie es geht. Aber das ist uninteressant für den erfahrenen Trainer. Nun will er seine Vision durchdrücken, viele junge deutsche Talente ganz groß rausbringen. Die Eisbären haben für jede Position auf dem Spielfeld – vom Center bis zum linken Verteidiger – mindestens sechs Spieler.

Pagé hat schöne Ordner mit vielen Zetteln und Aufstellungen: Verschiedenfarbig eingefärbt sind Ausländer, deutsche Nationalspieler und Nachwuchs-Nationalspieler – Letztere machen den Großteil auf den Pagé-Zetteln aus. Doch die Jugend will noch nicht so, wie der Trainer will. „Die Jungs sind nicht produktiv genug“, sagt er. Beim Toreschießen würden sie sich oft auf ausländische Stars verlassen. Immerhin, Ausnahmen gibt es bei den Eisbären. „Der Constantin Braun hat mir versprochen, dass er zwölf Tore schießen wird – so wie dem Gawlik das gelungen ist mit 18 Jahren.“ Na also, immerhin einer aus der Teenager-Fraktion mit Mumm. Denn, sagt der 32 Jahre alte Stürmer Ustorf, „einige haben hier noch nicht kapiert, was für eine große Chance sie haben“.

Wohl daher kamen Pagé zuletzt Zweifel an seiner Philosophie. „Böse“ und „negativ“ sei er drei Wochen lang gewesen, sagt der Trainer. In den Testspielen ging zu viel daneben. Das aber war in den jüngsten Jahren bei den Eisbären nicht anders. „Und am Ende der Saison wurden wir dann Meister“, sagt Pagé. Allerdings war die Mannschaft da noch eine ganz andere.

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