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Sport: Wenn schon der Gegner Mitleid hat

Der FC Bayern München dominiert seine Spiele, trifft aber zu selten. Lahm zeigt sich besorgt, denn der Rückstand zur Spitze wächst

Fast hätte Louis van Gaal recht behalten. Die 92. Spielminute lief, als Kölns Torhüter Faryd Mondragon einen Freistoß von Franck Ribéry nur abklatschen konnte, der Ball flog wie selbstverständlich auf Thomas Müller zu, von dem man gewohnt ist, dass er Situationen wie diese zu nutzen weiß. Van Gaal hätte später triumphierend vor die Kameras treten und jubilieren können, dass er, der General, nun mal weiß, wie es läuft: Wenn der Gegner müde gespielt ist, fallen auch Tore. Egal wann. Auch in letzter Minute.

Auch wenn die Kölner sichtlich müde waren: Müller nutze seine Chance nicht. „Ich habe mich einfach falsch entschieden“, sagte der Nationalspieler, der vielleicht sogar Zeit gehabt hätte, sich besser zum Ball zu stellen. So köpfelte Müller recht gefahrlos in die Arme Mondragons, das Spiel endete 0:0, die Bayern verpassten es, zum Start des 200. Oktoberfests gegen weitgehend destruktive Kölner einen verdienten Sieg einzufahren. Müller stellte fest: „In so einem Spiel muss ich so ein Ding einfach machen.“

Bayern hatte an diesem Nachmittag gute Chancen, die Kritiker zu besänftigen und den mäßigen Saisonstart endgültig zu beenden. Trainer van Gaal überraschte zunächst mit seiner Aufstellung, indem er Toni Kroos und Thomas Müller die Positionen tauschen ließ. Kroos kam erstmals über rechts, Müller begann zentral hinter Miroslav Klose, der sich mit starken 24 Minuten gegen den AS Rom inklusive Artistikeinlage zum 2:0 den Platz im Sturm verdient hatte. Wie beim Handball ließen die Bayern den Ball um den Strafraum kreisen, suchten gegen frappierend tief stehende Kölner mit viel Laufarbeit ihre Chance: Ribéry (drei Möglichkeiten in der ersten Hälfte), Klose (zwei) und Müller (eine) fehlten jedoch Fortune und Kaltschnäuzigkeit. Alles lief zunächst wie in der Champions League, als Rom irgendwann die Kräfte verließen und die Bayern eiskalt zuschlugen.

Diesmal fiel das ersehnte Führungstor nicht. Köln hätte sogar gewinnen können, hätten Miso Brecko oder Sebastian Freis vor Bayern-Keeper Jörg Butt die Übersicht behalten. Trotz Tabellenplatz neun und dem dritten sieglosen Bundesligaspiel in Serie wiesen die meisten Bayern-Akteure Kritik am mäßigen Saisonstart zurück. „Von Resignation kann keine Rede sein“, berichtete etwa Innenverteidiger Holger Badstuber, Kapitän Mark van Bommel ergänzte: „Ich mache mir keine Sorgen. Wir haben es nur nicht geschafft, diese Mauer zu knacken.“ Auch Sportdirektor Christian Nerlinger schätzt die Lage noch nicht als bedrohlich ein. Besorgt zeigte sich einzig Philipp Lahm: „Wir spielen sehr dominant, erarbeiten uns aber zu wenig Chancen. Der Abstand nach oben ist bereits gewaltig.“

Die Kölner, die zum fünften Mal in Serie in München ungeschlagen blieben, hatten wenig zu beklagen. Trainer Zvonimir Soldo sprach trefflich von einer Menge „Glück“, Lukas Podolski zeigte beinahe fürsorglich Verständnis für das glücklose Spiel seines ehemaligen Vereins: „Natürlich ist das schwer, wenn sie gegen defensive Gegner anrennen müssen“, gegen Mannschaften wie den 1. FC Köln, die zwei dichte Abwehrreihen aufziehen, praktisch ohne Sturm agieren und einfach mal schauen, was die Bayern daraus machen. Angesprochen auf das kommende Spiel bei Tabellenführer Mainz gelang Lukas Podolski, ob bedacht oder unbedacht, eine vielsagende Schlussbemerkung: „Mainz“, so der Stürmer, „wird ein bisschen schwerer als heute.“ Die hätten nämlich derzeit einen Lauf.

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