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Sport: Wer soll die schlagen?

Die Holländer strotzen nach dem 4:1 gegen Frankreich vor Selbstvertrauen und dürfen jetzt darüber nachdenken, welcher ihrer Gruppengegner ihnen ins Viertelfinale folgen soll

Rafael van der Vaart wäre so gerne noch geblieben. Aber man kennt das ja, die Pflicht rief. „Ich muss“, sagte van der Vaart und deutete mit Kopf und Augen zum Mannschaftsbus hinüber. Dabei hatte ihm die Frage so außerordentlich gefallen. So gut, dass er laut lachen musste. Ob er denn wisse, wie man Italien und Frankreich auf einmal los werden könne, wurde er nach dem überaus überzeugenden 4:1 gegen die Franzosen gefragt. Er grinste und sagte: „Da müssen wir clever sein.“ Van der Vaart wusste es natürlich genau, Fußballspieler können gut rechnen. Wenn die letzten Gruppenspiele anstehen, es ums Weiterkommen und künftige Gegner geht, können sie es besonders gut. Und die Oranje-Kicker rechnen in einer bequemen Position.

Am Dienstag trifft das bereits fürs Viertelfinale qualifizierte Holland auf Rumänien – und bei einer Niederlage wären Frankreich und Italien ausgeschieden, egal wie sie selbst gegeneinander spielen. Nach dem zweiten Sieg der Niederländer war das die spannendste Frage. Viel spannender als die, ob es überhaupt jemanden gibt, der sie schlagen kann, weil sie nach dem Weltmeister auch gleich den Vizeweltmeister mit fast erschreckender Präzision auseinandernahmen.

Das Tableau der EM will es, dass sich die Gruppengegner im Halbfinale wiedersehen könnten. Und selbst wenn man Italien (3:0) und Frankreich (4:1) mit unwiderstehlichem Tempofußball so vom Platz gefegt hat, wie es die Holländer getan haben, überlegt man sich, ob man einen der beiden wiedertreffen will. Eigentlich wäre es genau das Richtige für „Oranje“, weil „wir gegen große Mannschaften immer gut spielen“, wie Joris Mathijsen vom HSV feststellte. „Gegen die Kleineren haben wir manchmal Schwierigkeiten, das hat die schwere Qualifikation gezeigt“, sagte Mathijsen. Und Nigel de Jong fügte hinzu: „Wer so spielt wie wir heute, ist immer Favorit, aber wir könnten auch gegen eine kleine Mannschaft im Viertelfinale ausscheiden, das ist bei uns immer drin.“ Die Franzosen allerdings diskutierten noch am Abend der Demütigung im Stade de Suisse die Umstände des nächsten Spieltages.

„Ich erwarte nicht, dass sie gegen Rumänien mit dem gleichen Engagement zur Sache gehen“, sagte Frankreichs Trainer Raymond Domenech mit schnippischem Unterton. Da könnte er Recht haben. Im letzten Spiel der Gruppe C wird man sicher nicht mehr alle Topstars der Holländer sehen. „Ich denke mal, es werden ein paar Reservisten spielen“, kündigte Torwart Edwin van der Sar an und Trainer Marco van Basten ließ mitteilen, er werde darüber nachdenken, was das Beste sei.

An diesem Abend hatte man van Basten sogar zweimal lachen sehen. Was als besondere Meldung gelten darf, weil er sonst kaum einmal lacht. Und im Gegensatz zu seiner Zeit als Spieler sieht er mit seinem Millimeterkurzhaarschnitt sowieso eher aus wie ein Vorgesetzter auf dem Kasernenhof. Van Bastens Äußeres aber täuscht. Es ist sein letztes Turnier, und er ist auf dem besten Weg, seinen angekratzten Ruf aufzupolieren, was ihm den Start nach der EM bei Ajax Amsterdam als Klubtrainer erleichtern wird. Am Abend des zweiten Triumphes fand sich keiner, der ihm nicht auf die Schulter klopfen wollte. „Es ist die richtige Mischung aus uns jungen Spielern und der Erfahrung, die van der Sar und van Nistelrooy mitbringen“, sagte de Jong. „Das ist eine große Mannschaft, aber wir heben jetzt nicht ab, das nächste Spiel wird auch schwer“, sagte van Nistelrooy und eilte Rafael van der Vaart hinterher – vielleicht, um über die Aufstellung fürs nächste Spiel gegen Rumänien zu sprechen.

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