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Werder Bremen: Werder glaubt dem Chef nicht mehr

Bremens Geschäftsführer Jürgen L. Born tritt wegen Bereicherungsvorwürfen von allen Ämtern zurück.

Werder Bremens 1:0-Sieg am Donnerstag gegen Saint-Etienne hat Jürgen Born schon nicht mehr gesehen. Der Klubboss war zuvor mal wieder nach Südamerika geflogen. Er wird dort in den nächsten Tagen Großvater, hat als Banker sein halbes Leben auf dem Kontinent verbracht – und lange Zeit profitierte Werder davon auch. Born entdeckte Talente wie Claudio Pizarro oder Nelson Valdez. Jetzt haben die Verbindungen nach Südamerika Born aber seinen Posten gekostet. Born soll unter der Hand an zwei Vertragsabschlüssen mitverdient haben. Gestern trat er nach fast zehn Jahren als Vorsitzender der Geschäftsführung zurück. „Ich möchte Werder von unnötigen Belastungen frei halten, versichere aber, dass ich keinerlei unerlaubte finanzielle Vorteile gezogen habe“, teilte er mit.

Willi Lemke, der Aufsichtsratschef des Vereins, nannte den Rücktritt „eine folgerichtige Entscheidung“. Lemke bestätigte gestern, was tagelang nur hinter vorgehaltener Hand gesagt wurde: Werder glaubt Born nicht mehr. „Ich habe dreimal mit ihm gesprochen, und mir ist immer noch nicht klar, was es mit den Dingen auf sich hat. Er konnte mir nie sagen: So und so ist das gewesen“, sagte Lemke. Werders Aufsichtsrat nahm Borns Rücktritt „ohne Diskussionen“ (Lemke) an.

Am Donnerstag waren neue Vorwürfe gegen Born publik geworden. Laut der peruanischen Zeitung „La Republica“ zahlte Werder 2003 nach der Vertragsverlängerung mit Nelson Valdez ein Honorar von 200 000 Euro an den Spielervermittler Carlos Delgado. Ein Großteil dieses Geldes sei danach an die Schwester von Valdez überwiesen worden, 50 000 Euro auf ein Konto von Borns Sohn. Diese Vorwürfe ähneln denen vom vergangenen Wochenende. Da hieß es, dass Born von Delgado 50 000 US-Dollar der Transfersumme erhalten hat, die Werder 2001 für den peruanischen Stürmer Roberto Silva gezahlt hatte. Für alle Überweisungen soll es Belege geben.

Schlüsselfigur der ganzen Affäre ist Delgado. Werder droht noch ein anderes Problem: Die Anteilsmehrheit an Delgados Firma „Image“ besitzt der Delgado-Freund und Werder-Profi Claudio Pizarro. An ihn soll 2001 der Großteil der Transfersumme für Roberto Silva geflossen sein, die peruanische Justiz ermittelt wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung und Geldwäsche. Am 23. März muss Pizarro in Peru vor der Staatsanwaltschaft aussagen. Werder erwägt sogar, auf eine Weiterverpflichtung des Stürmers zu verzichten. Ans Licht gekommen sind alle Vorwürfe, weil Delgado sich im Trennungsstreit mit seiner Frau befindet. Die hat Dokumente aus dem gemeinsamen Haus mitgehen lassen und spielt sie nun den Medien zu.

Der neue starke Mann im Verein ist Sportchef Klaus Allofs, der kommissarisch den Vorsitz der Geschäftsführung übernommen hat. Der Aufsichtsrat setzt in Zukunft auf ihn. Allofs ist für die Erfolge der vergangenen Jahre verantwortlich und besitzt sowohl die nötigen Referenzen als auch einen exzellenten Ruf. Er kann den Verein sehr gut verkaufen. Und das wird jetzt erst einmal nötig sein.

Sebastian Stiekel[Bremen]

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