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© AFP

Wettkampf des Tages: Den Druck haben andere

Felix Neureuther könnte in der Slalomentscheidung davon profitieren, dass die Konkurrenz aus Österreich fast schon zum Siegen verdammt ist.

Es kommt wahrscheinlich nicht oft vor, dass ein deutscher Spitzenathlet seine Mutter fragen muss, wenn er sich auf die Olympischen Spiele vorbereiten will. „Wie geht man mit dem Druck bei Olympia um?“, ist eigentlich eine Frage für den Psychologen oder den Trainer, der einzige deutsche Slalomfahrer in Vancouver aber hat sie an seine Mutter gerichtet. Das wirkt allerdings nicht mehr seltsam, wenn man weiß, dass seine Mutter Rosi Mittermaier heißt und in Innsbruck 1976 Doppelolympiasiegerin in Abfahrt und Slalom geworden ist.

Genieße das Land und die Spiele, habe Spaß, lautete ihr Ratschlag. „Und das versuch’ ich jetzt auch“, sagt Felix Neureuther. Im Riesenslalom ist ihm das bereits sehr gut gelungen, mit Platz acht erzielte er bei den Olympischen Spielen sein bisher bestes Saisonergebnis. Es lässt ihn auch optimistisch in den Slalom am Samstag gehen. „Ich weiß, dass ich ganz vorne landen kann, wenn alles passt“, sagt Felix Neureuther, „aber dass das Ziel eine Medaille ist, will ich nicht in den Mund nehmen.“ Die Topfavoriten seien andere: der Franzose Julien Lizeroux, der Kroate Ivica Kostelic, der Schweizer Silvan Zurbriggen, der Österreicher Rainfried Herbst und dessen drei Landsleute. „Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich zu diesem Kreis dazugehöre“, sagt Felix Neureuther.

Ihm kommt zugute, dass die Erwartungen an die vier Österreicher im Slalom riesig sind. Denn wer zurzeit die Frage, wie viele Medaillen die männlichen österreichischen Alpinfahrer bei Olympia in Vancouver bisher geholt haben, an einen österreichischen Journalisten richtet, erhält zur Antwort: „Willst du mich verarschen?“ Immer noch wartet das Land der Berge auf eine alpine Männer-Medaille, der Slalom ist die letzte Gelegenheit dazu. „Der Druck auf die Österreicher wird immer größer“, sagt Felix Neureuther, „das soll kein Nachteil für mich sein.“

Sieg in Kitzbühel hat Selbstvertrauen gegeben

Vor Vancouver 2010 war sein olympischer Erfolg bescheiden. Sowohl im Riesenslalom als auch im Slalom ist er vor vier Jahren bei den Olympischen Spielen in Turin ausgeschieden. Diesmal soll es anders werden, auch weil der 25-Jährige im Januar mit seinem Sieg in Kitzbühel den größten Erfolg seiner Karriere gefeiert hat. „Das war ein besonderer Moment, auf den arbeitet man sein ganzes Leben lang hin“, sagt er, „diese Gefühle probiert man auch hierher mitzunehmen.“

Nur eineinhalb Monate vorher hatte er ganz andere Gefühle gegenüber dem Skisport gehegt. Er wollte aufhören, nachdem er in Alta Badia sowohl im Slalom als auch im Riesenslalom ausgeschieden war. „Man hat auf den ganzen Scheiß keinen Bock mehr“, sagt Felix Neureuther, „ich habe das extrem in mich reingefressen, das war eine schwere Situation.“ Er habe sich gefragt, wofür er das überhaupt mache. „Ich habe im Sommer gebuckelt wie ein Vollirrer“, sagt er. Eine E-Mail eines Freundes wies ihn dann darauf hin, dass er sich als Mensch nicht zu sehr vom Sport beeinflussen lassen solle. „Die Mail hat es auf den Punkt gebracht: Skifahren kann nicht alles im Leben sein, es gibt auch schöne andere Dinge“, sagt Felix Neureuther.

Inzwischen hat er durch den Sieg in Kitzbühel gelernt, wie sehr sich die Dinge im Sport verändern können. „Es geht ganz, ganz schnell“, sagt er, „das macht den Sport aus, man sollte sich niemals hängen lassen.“ Ein bisschen schade findet er aber, dass er im Gegensatz zu der erfolgreichen deutschen Frauenmannschaft als einziger deutscher Fahrer im Slalom unterwegs ist. „Die können miteinander feiern. Es wäre schön, wenn es bei mir auch so wäre“, sagt er.

Ganz alleine aber wird er auch am Samstag nicht sein: Auf der Tribüne wird Rosi Mittermaier sitzen und ihm die Daumen drücken.

Slalom, Männer, heute 19 Uhr und 22.45 Uhr.

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