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Sport: Wie beim eigenen Begräbnis

Österreich verliert auch das Duell der EM-Gastgeber 1:3 gegen die Schweiz

Josef Hickersbergers grau-schwarze Krawatte passte zur düsteren Stimmung. Die schwarzen Trikots, die seine Spieler auf dem Rasen im Züricher Letzigrund-Stadion trugen, auch. Es schien, als sei Österreichs Fußball zum eigenen Begräbnis angetreten. Am Donnerstag werden sie in Wien wieder über Hickersberger zu Gericht sitzen, wenn sich die Landesfürsten der Fußballverbände Österreichs treffen. Er hatte ihnen schon nach dem 0:0 gegen Japan ein Krisenkonzept vorlegen müssen. Damals entschieden sie, dass er Trainer des EM-Gastgebers bleibt. Vorerst. Nichts scheint von Dauer im österreichischen Fußball – außer den Niederlagen. Am Samstagabend kam eine neue hinzu: das 1:3 im Duell der EM-Ausrichter gegen die Schweiz.

Dabei konnte man Hickersberger nur einen kleinen Versprecher vorwerfen. „Neunmal hintereinander gewonnen“, sagte er – das wichtige nicht hatte er glatt unterschlagen. Ansonsten verkündet der Trainer neun Monate vor dem EM-Start unangenehme Wahrheiten: „Das internationale Niveau und Tempo ist wesentlich höher als in der österreichischen Liga.“ Und: „Wir sind teilweise überrannt worden.“ 30 Minuten lang konnten die Österreicher mithalten und durch René Aufhauser die frühe Schweizer Führung durch Marco Streller sogar ausgleichen. Dann erhöhten die Schweizer das Tempo, die jungen Österreicher hatten nichts entgegenzusetzen. „Einige waren verletzt und es fehlt die Kondition. Das Team ist verunsichert“, sagte Hickersberger und machte die beißende Kritik dafür verantwortlich.

Beim Nachbarn weiß man derweil gar nicht, worüber man sich zuerst freuen soll. Über Hakan Yakin, das schlampige Genie aus Bern, das fünf Kilo abgenommen hat und mit Waschbrettbauch zum 2:1 traf? Oder darüber, dass Bayern Münchens Trainer Ottmar Hitzfeld gesagt hat, er könne sich vorstellen, bald Nationaltrainer der Schweiz zu werden, wenn Köbi Kuhn aufhört nach der EM? Dem Nachbarn wünscht man mit mitleidigem Blick alles Gute. „Man sollte mal mehr Vertrauen in die Leute haben, so schlecht wie die Österreicher gemacht werden, sind sie wirklich nicht“, sagte Streller, der auch noch das 3:1 erzielte. „In Deutschland gab es die schlechte Stimmung auch vor der WM. Und dann kam das Sommermärchen.“ Diese nette Aufmunterung hat Josef Hickersberger leider nicht mehr gehört. Der Trainer schritt den dunklen Gang zurück in die Kabine entlang. Ganz langsam und ganz allein.

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