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Genug gequält. Rafael Nadal ließ sich nach seinem Sieg über Roger Federer glücklich in die rote Asche von Paris sinken. Der Spanier hatte in den ersten Runden einige Probleme gehabt und selbst nicht an den erneuten Titelgewinn geglaubt. Foto: Reuters

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Sport: Wie einst Björn Borg

Rafael Nadal gewinnt zum sechsten Mal die French Open und zieht mit dem legendären Schweden gleich

Als die Vorhand von Roger Federer an der Grundlinie ins Aus segelte, sank Rafael Nadal auf die Knie und vergrub sein Gesicht in den Händen. Er hatte gerade geschafft, was vor ihm nur Björn Borg gelungen war, Nadal hatte zum sechsten Mal die French Open gewonnen. Und mit 25 Jahren und zwei Tagen war er dabei auch nur einen Tag älter als der legendäre Schwede, der die rote Asche von Roland Garros zwischen den Jahren 1974 und 1981 so zu beherrschen wusste, wie Nadal jetzt. Doch weit mehr hatte für den Spanier an diesem Tag auf dem Spiel gestanden, denn nur mit seinem Sieg konnte er verhindern, dass ihn der Serbe Novak Djokovic auf dem Thron der Weltrangliste ablösen würde. Nadal war es gelungen, doch es hatte ihn soviel Mühe und Kraft gekostet wie in keinem seiner fünf Paris-Finals zuvor. „Dieser Titel ist etwas ganz Besonderes für mich“, sagte Nadal, „es ist noch befriedigender, wenn man weiß, dass man nicht von Beginn an gut gespielt hat.“

Federer hatte ihm alles abverlangt und vor allem enorme Moral bewiesen, die Nadal demonstrierte, dass er bis zum letzten Ballwechsel nicht nachgeben und ihm den silbernen Coupe des Mousquetaires niemals freiwillig überlassen würde. Am Ende musste er es: Nadal siegte mit 7:5, 7:6, 5:7 und 6:1 nach über dreieinhalb Stunden Spieldauer. „Er hat gut gespielt und mir das Leben schwer gemacht“, sagte Federer, „aber ich ihm glaube ich auch. Klar, bin ich enttäuscht, aber Rafa war heute ein bisschen besser als ich.“

Dabei hatte Federer die Partie so furios begonnen wie das Halbfinale am Freitag, als er Seriensieger Djokovic mit einer Machtdemonstration stoppte. Mit einer hohen Quote erster Aufschläge drängte er Nadal sofort in die Defensive und mit scheinbarer Leichtigkeit punktete Federer Mal um Mal mit seiner einhändigen Rückhand. Seine Volleystopps waren so perfekt platziert, dass selbst der flinke Nadal sie nicht mehr erlaufen konnte. Alles lief für Federer, denn Nadal wirkte auf der anderen Seite seltsam gehemmt und ohne seine sonst so gefürchtete Energie. Schon in den ersten Runden der French Open hatte Nadal nicht sein stärkstes Tennis abrufen können, das ihn nahezu unbezwingbar in Roland Garros gemacht hatte.

Die Zweifel an seiner Titelchance hatte Nadal mit dem überzeugenden Einzug ins Endspiel zwar abgelegt, doch von der Dominanz vergangener Tage war er auch gegen Federer lange Zeit weit entfernt. Zum vierten Mal standen sich die beiden Dauerrivalen der vergangenen sieben Jahre im Finale von Paris gegenüber, doch nie zuvor hatte sich Nadal so schwer getan. Der Spanier bewegte sich schlecht und suchte immer wieder den Blickkontakt mit seinem Trainer und Onkel Toni Nadal.

Doch manchmal sind es buchstäblich nur Millimeter, die darüber entscheiden, dass sich die Kräfteverhältnisse plötzlich drehen. Federer hatte beim Stand von 5:2 im ersten Durchgang einen Satzball, und sein Volleystopp schien die Linie noch angekratzt zu haben. Doch er wurde aus gegeben und Nadal machte daraufhin das Spiel. Federer brachte auf einmal keinen ersten Aufschlag mehr ins Feld. „Das war eine riesige Chance für mich“, sagte Federer, „wer weiß, was nach meiner Führung passiert wäre.“

Der Verlust des ersten Satzes war bitter für den Schweizer, auch der zweite ging an Nadal, der nach einer kurzen Regenpause den Tiebreak für sich entscheiden konnte. Wohl nur die 15 000 Zuschauer am Court Philippe Chatrier glaubten noch an die Wende für Federer und skandierten weiter ihre „Roger, Roger“-Rufe. Und der 16-malige Grand-Slam-Sieger schaffte es tatsächlich, den dritten Satz zu gewinnen, obwohl er schon mit 2:4 zurückgelegen hatte. Beide spielten in dieser Phase auf hohem Niveau, Federer konnte das Momentum jedoch nicht nutzen: „Fast hätte ich mich gerettet“, sagte der Schweizer. „Rafa wurde müde im dritten und auch vierten Satz. Umso ärgerlicher war es, dass ich es nicht beenden konnte.“

Enttäuscht war Federer zwar, doch bei weitem nicht so sehr wie er es in früheren Zeiten gewesen wäre. Der inzwischen 29-Jährige war in Paris seit langer Zeit zum ersten Mal nicht zum Kreis der Titelfavoriten gezählt worden, dementsprechend konnte er ohne großen Druck aufspielen. Körperlich fühlte sich Federer so gut wie lange nicht und er wusste, dass er nicht um jeden Preis noch einmal diesen Titel gewinnen musste, mit dem er 2009 viele Kritiker verstummen lies. Das tat er auch in diesem Jahr mit dem Finaleinzug, den so mancher ihm nicht mehr zugetraut hatte. Die Trophäe aber nahm erneut Rafael Nadal mit nach Hause. „Rafa hat den Sieg verdient“, sagte Federer. „Es war ein tolles Finale.“

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