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Sport: Wiedererwachte Instinkte

Haas knüpft bei den US Open langsam an alte Form an – Kiefer scheidet aus

Er war ein komplettes Jahr von der Bildfläche verschwunden. Doch vergessen haben sie ihn nicht. Dabei sind die amerikanischen Tennis-Zuschauer bei den US Open in Flushing Meadows wie überall in den USA: gnadenlos patriotisch. Doch Thomas Haas, den Deutschen, der in Florida lebt, haben sie trotzdem irgendwie in ihre Herzen geschlossen. „Ich bin seit dem 14. Lebensjahr in den USA, vielleicht haben sie mich mittlerweile ein bisschen adoptiert“, vermutet Haas selbst. Sogar die „New York Times“ hat ihn schon zum Interview gebeten – und da hatte er noch nicht einmal den Einzug ins Achtelfinale geschafft.

Das holte er am Sonntag gegen den brasilianischen Qualifikanten Ricardo Mello nach. Beim 6:2, 6:3, 7:5 leistete sich der 26 Jahre alte Deutsche nur im dritten Satz eine kurze Schwächephase. Haas ist damit der letzte Deutsche im Turnier. Für Nicolas Kiefer waren die US Open gestern Abend nämlich im Achtelfinale beendet. Der an Nummer 19 gesetzte Hannoveraner kämpfte sich zwar gegen den Briten Tim Henman mit 7:6 (7:5), 3:6, 1:6, 7:6 (7:4) bis in den fünften Satz vor, musste dort aber nach 3:41 Stunden Spielzeit beim Stande von 0:3 und 30:0 aufgeben. Kiefer litt unter starken Beschwerden im rechten Handgelenk. Es soll sich, so Physiotherapeut Per Bastholt, um „eine Fraktur des Handgelenks oder eine Sehnenverletzung“ handeln. Kiefer müsse mit einer Pause von mindestens vier bis sechs Wochen rechnen.

Bei Thomas Haas sah gegen Mello manches wieder so aus wie in früheren Tagen, als er mal bis auf Platz zwei der Weltrangliste vorgeprescht war. Sein Aufschlag fliegt mit 120 Meilen über das Netz, auch auf seine Rückhand kann er sich verlassen. Und er genießt Respekt: Haas durfte den Tennis-Tag eröffnen im Arthur-Ashe-Stadion, der größten Tennisarena der Welt. Dort spielen nur die Publikumsmagneten, und dass die Organisatoren Haas trotz seines derzeitigen Weltranglistenplatzes 45 noch immer dazuzählen, ist schon eine kleine Ehre.

Im Achtelfinale trifft er nun auf den 18 Jahre alten Tschechen Tomas Berdych – für Haas ein Unbekannter. Doch der Deutsche ist derzeit obenauf. Die lädierte rechte Schulter, die zweimal operiert werden musste, und wegen der er die gesamte vergangene Saison pausierte, ist schmerzfrei. Zudem kehrt langsam wieder der Instinkt für das Tennis zurück. „Im Sommer wusste ich manchmal nicht richtig, wie ich spielen sollte. Jetzt kann ich das machen, wonach ich mich fühle“, sagt Haas. Der Aufschwung deutete sich bereits an, als er die Turniere in Los Angeles und Houston gewann: gegen Nicolas Kiefer und Andy Roddick (USA). Doch in einem Grand-Slam-Turnier so weit zu kommen, das ist stets etwas Besonderes. „Man kann schon sagen, das Turnier fängt jetzt erst richtig an“, sagt Haas, „und wenn alles richtig läuft, kann Großes passieren.“ Und er fügt hinzu: „Aber bis zum Finale ist es natürlich noch weit.“

Um die US Open und seine Auftritte dort richtig zu genießen, fehlt Thomas Haas jetzt nur eines: passende Kleidung. Die neuen Schuhe seines Sponsors Asics drückten so sehr, dass er gegen Mello auf seine alten Nikes umstieg. Und die Hemden und Hosen, die die Firma nach New York schickte, waren zu groß – viel zu groß. Haas: „Die hätten vielleicht einem Sumo-Ringer gepasst, aber nicht mir.“

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