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Williams

© AFP

Williams-Schwestern: Getrübte Geschwisterliebe

Venus Williams hat im Wimbledon-Finale gegen ihre Schwester Vereinbarungen gebrochen - Serena wirkt tief deprimiert und enttäuscht.

Es war nicht die Niederlage an sich, die Serena Williams am meisten ärgerte. Als sie zusehen musste, wie ihre ein Jahr ältere Schwester Venus vor ihren Augen die Siegerschale für ihren fünften Wimbledon-Triumph empor strecken durfte, schaute sie nicht enttäuscht, sondern tief beleidigt. Serena Williams wirkte ganz so, als fühle sie sich wieder wie die kleine Schwester, die nicht wie die ältere eine schöne neue Puppe, sondern nur ein paar gestrickte Socken bekommen hatte. Im Vorfeld ihres dritten Final-Duells beim prestigeträchtigsten Turnier der Welt waren erneut jene Vorwürfe aufgekommen, die seit Jahren unbewiesen kursieren, und besagen, dass ihr Vater Richard Williams die Siegerin vorher bestimmen würde. Der war bereits vor dem Endspiel abgereist, seine Töchter wiesen die Anschuldigungen vehement zurück. Vielmehr schien es eine andere Vereinbarung zwischen den Schwestern gegeben zu haben und sie lautete wohl, stets fair auf dem Platz miteinander umzugehen. Dass Venus Williams sich offenbar erstmals nicht ganz daran gehalten hatte, sorgte für die empfindliche Verstimmung.

Mit kanonenartigen Aufschlägen, die direkt auf den Körper zielten, malträtierte die 28-jährige Venus ihre Schwester und entnervte diese zusätzlich, indem sie immer wieder den Ballwurf vor dem Aufschlag wiederholte. „Es war eben sehr windig, da musste sie das wohl. Was hätte ich dagegen tun sollen?“, fragte Serena später – sie wirkte tief frustriert. Serena selbst hatte ihrer Schwester Venus einen Punkt und damit das Spiel zum 5:4 im ersten Satz geschenkt, nachdem ihr während des Ballwechsels ein „Nein“-Ruf herausgerutscht war. Der Schiedsrichter hätte den Punkt wiederholen lassen, doch Venus Williams nahm das Geschenk dankend an. Serena Williams unterliefen immer mehr Fehler, sie wirkte weit entfernt von der Form, mit der sie die Gegnerinnen in den Runden zuvor dominiert hatte. Sie schien irgendwie gehemmt, das aggressive Spiel ihrer Schwester verärgerte sie zunehmend. Und zumindest einen Ball schlug Venus ihr so hart vor die Füße, dass Serena stolperte und rücklings hinfiel. Es gab keine Geste der Entschuldigung. Doch Venus Williams spielte längst so selbstbewusst, dass sie nach zwei Stunden mit 7:5 und 6:4 ihren Titel in Wimbledon verteidigen konnte.

„Ich denke nicht, dass sie mich dazu gebracht hat, schlecht zu spielen. Es waren die windigen Bedingungen“, erklärte Serena Williams wesentlich später, ihre Laune hatte sich immer noch nicht gebessert. Auf weitere Fragen reagierte sie lustlos oder sarkastisch.

Die strahlende Siegerin freute sich dagegen, sich in der Liste der erfolgreichsten Siegerinnen hinter Martina Navratilova (9 Titel), Steffi Graf (7) und Billie Jean King (6) einreihen zu dürfen. Wie schwer es jedoch für sie gewesen sei, Serena zu bezwingen, betonte Venus Williams ausdrücklich. „Ich bin natürlich in erster Linie große Schwester, das ist mein wichtigster Job. Und ich denke immer daran, wie sie sich wohl fühlt.“

An diesem Tag war die Gefühlslage der zweifachen Wimbledonsiegerin nicht zu übersehen, viel gesprochen hätten sie nicht nach dem Match, erklärte Serena Williams später. Doch abends mussten beide wieder den Center Court betreten und sie gewannen gemeinsam den Doppeltitel. „Ich wollte doch, dass Serena auch einen bekommt“, erklärte Venus Williams und spätestens bei der anschließenden Party hatten sie sich wieder ausgesöhnt. Bis in den frühen Morgen hinein feierten sie in einer Bar im Wimbledon Village, ausgelassen, wie es Schwestern eben auch manchmal zusammen tun.

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