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Sport: Willkommen in der Hölle

Warschauer Hooligans gefährden das Spiel gegen Schalke

Warschau. Der Stadionsprecher flehte fast. „Beruhigt euch, lasst die Spieler weitermachen, wir führen doch mit 1:0 !“, schrie er zu den kahl geschorenen Schlägern. Doch wie von Sinnen prügelten mehrere hundert Anhänger des polnischen Fußballklubs Legia Warschau mit Knüppeln und Stahlstangen auf die genauso aggressiven Fans des Erzrivalen Widzew Lodz ein. Erst nach 20 Minuten gelang es 200 Polizisten, die auf das Spielfeld geeilten Hooligans zurück in ihre Blocks zu treiben. Nur mit einem Polizei-Kordon am Spielfeldrand konnte das Spiel zwischen Legia Warschau und Lodz am Freitag schließlich beendet werden. Doch jetzt ist die Austragung des Uefa-Cup-Spiels zwischen Legia und dem FC Schalke 04 am Dienstag gefährdet. Die Verwüstungen erfordern einen Schwersteinsatz beim Reparieren. Vertreter des Europäischen Fußball-Verbandes Uefa wollen am Dienstagmorgen entscheiden, ob gespielt werden kann. Der polnische Fußball-Verband kündigte eine harte Strafe an.

Schon seit Anfang der Neunzigerjahre haben gewaltbereite Hooligans Polens Ligafußball fest im Griff. Die geringen Zuschauerzahlen der Liga haben auch mit diesen Randalierern zu tun. Der Warschauer Polizeisprecher Marin Szindler sagt zwar: „Die Polizei tritt seit 1997 sehr repressiv auf“, doch gebessert hat sich nur wenig. Vor allem der berüchtigte Legia-Anhang verbreitet Angst und Schrecken. Schon im Juni 2001 rissen Legia-Fans Zäune ein und traktierten Polizisten mit Eisenstangen, als sich Wisla Krakau die Meisterschale sicherte. Aus Angst vor dem Legia-Anhang tragen die Fans des Lokalrivalen Polonia seit langem ihre Schals und Trikots nur noch in Plastiktaschen in ihr Stadion. Auch der FC Utrecht hat im Uefa-Cup schlechte Erfahrungen gemacht. Beim Hinspiel versuchten Legia-Schläger, ein Hotel der Gäste-Fans zu stürmen. Im Rückspiel hätten sie fast einen Spielabbruch provoziert.

„Willkommen in der Hölle“, so wurden die Widzew-Fans im Legia-Stadion auf einem Spruchband begrüßt. „Auschwitz, Birkenau“, schreien Legia-Hools, wenn Fans anderer Mannschaften in Rauchschwaden von Feuerwerkskörpern entschwinden. Ausgerechnet in der Stadt, die im Krieg von den Deutschen zerstört worden war, prangte am Freitag auf einem Legia-Banner die KZ-Portalaufschrift „Arbeit macht frei". Der Warschauer Zeitung „Gazeta Wyborcza" fiel dazu entsetzt nur ein Begriff ein: „Schandfleck“.

Thomas Roser

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