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© dpa

Winterträume: Zwischen Elchen und Bären

Was am Langlauf fasziniert und wann das anstrengende Training in der Loipe befreiend wirkt, erzählt René Sommerfeldt.

Momentan gibt es vor Olympia noch ein paar ruhigere Tage. Dann kann man alleine im Wald die Natur genießen. Wenn es draußen minus 15 Grad kalt ist, die Sonne scheint, du die Brettl anschnallst und die Sonne und das Knirschen des Schnees genießt. Das ist aber nicht häufig so, meistens steht der Trainer mit der Stoppuhr nebendran und du musst gewisse Zeiten absolvieren. Ich will ja bei den Olympischen Spielen zum Abschluss meiner Karriere noch eine Medaille holen. So ein Training hat einen anderen Charakter.

Die Natur ist das Faszinierende am Langlaufen. Wenn man einen schönen Trainingstag zu Hause in Oberwiesenthal erleben kann. Aber auch in Skandinavien ist es toll, wenn man auf seiner Tour durch die Wälder einem Rentier oder einem Elch begegnet. In Skandinavien ist das gang und gäbe. Rentiere sind in Skandinavien wie bei uns Schafe. Sie werden in Herden gehalten, nie sieht man nur eines, sondern gleich die ganze Herde. Sie gucken einen an, du guckst sie an, und wenn du Glück hast, hast du ein Handy dabei und kannst ein Foto machen. Rentiere sind zutraulich, aber bei Elchen bin ich skeptisch.

Elche werden aggressiv, wenn sie Junge haben und man ihnen zu nahe kommt. Ich hatte das Glück, am Holmenkollen auf einer Tour durch die Wälder einem Elch zu begegnen. Ich habe mich ganz ruhig verhalten und beobachtet, wie er durch den Wald schritt. Das ist schon ein erhabenes Tier, ein Riesenviech. Da hat man Respekt, aber keine Angst. Man weiß ja, dass man relativ schnell auf den Skiern unterwegs ist. Ich glaube, dass ich so einen Elch schon abhängen könnte, wenn es kritisch werden sollte.

Bären sind mir zum Glück noch nicht begegnet, aber Wölfe haben wir schon gesehen in Kanada. Bei Bären bin ich auch skeptisch. Ich wüsste nicht, wie ich mich verhalten sollte. In Whistler bei den Olympischen Spielen wird wohl so viel Trubel sein, dass sich Bären dort gar nicht herantrauen werden. Aber beim Weltcup vorher in Canmore gibt es schon einige einsame Strecken, wo nicht oft ein Mensch vorbeikommt. Ich habe schon von einigen Langläufern gehört, die Auge in Auge einem Bären gegenübergestanden sind.

Das Schönste am Langlaufen ist, wenn man die Seele baumeln lassen kann. Man genießt einfach die Zeit, die man draußen in der Natur verbringt. So war es bei mir am Dienstag. Einfach einen schön langen Schritt ziehen – und an nichts denken. Nur genießen. Zweieinhalb Stunden durch den Wald laufen, alle Sorgen vergessen. Das kann schon sehr befreiend wirken.

Es gibt aber auch andere Trainingstage. Zum Beispiel den 24. Dezember, als ich in Oberwiesenthal unter der Seilbahn, wo die schwarze Piste liegt, auf den Fichtelberg bis 1250 Meter hoch gelaufen bin. Das musste ich am Morgen machen, bevor die Lifte aufmachen, damit mir kein Alpinfahrer entgegenkommt. Das war die Generalprobe für den letzten Anstieg bei der Tour de Ski. Das ist keinesfalls ein Genuss, das ist nur Überwindung und Rausholen, was im Körper drin ist. Da richtest du den Blick nur nach vorne und kämpfst dich Meter für Meter nach oben. Deshalb freue ich mich auch darauf, wenn der Wettkampfstress vorbei ist. Und der Druck weg ist.

Ich werde ja meine Karriere nach dieser Saison aus gesundheitlichen Gründen beenden. Dann werde ich sicher den einen oder anderen Ort als Trainer wieder besuchen. Denn ich habe auch Angst, dass ich das alles vermissen werde.

Aufgezeichnet von Benedikt Voigt.

René Sommerfeldt

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