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Hier bin ich Chef. Lionel Messi mit Anhang.

© AFP

WM 2014 - Argentinien feiert in Rio: Heimspiel für Lionel Messi

In Rio de Janeiro verbünden sich brasilianische Fans mit denen aus Bosnien und Herzegowina – es nützt wenig, denn der ungeliebte Nachbar siegt und blau-weiß ist die dominierende Farbe.

Am Tag, als die Weltmeisterschaft endlich nach Rio kam, hatte die cidade maravilhosa, die wunderbare Stadt, mal kurz die Nationalität gewechselt. Für ein paar Stunden war Rio de Janeiro die Hauptstadt des argentinischen Fußballs, eine steinerne Sinfonie in blau-weißes Tuch gehüllt, in Trikots und Fahnen und Transparente, auf einem stand: „Wir haben Messi und den Papst.“

Die Argentinier kamen zu Zehntausenden, sie belagerten Rios Strände, Straßen, Plätze und natürlich auch das Maracana, das berühmteste Fußballstadion der Welt. Bestimmt die Hälfte der knapp 75.000 Zuschauer trugen Leibchen mit blau-weißen Längsstreifen. Na und, hat Lionel Messi gesagt, als die Arbeit getan und der WM-Neuling Bosnien-Herzegowina 2:1 besiegt war. „War schon ganz beeindruckend, aber es hat nicht überrascht. In Belo Horizonte und Porto Alegre wird das nicht anders aussehen“, bei den kommenden Vorrundenspielen gegen den Iran und Nigeria, auch dann wird die Albiceleste mit dem inoffiziellen Status eines Co-Gastgebers antreten. Argentinien hat Glück gehabt bei der Zulosung der Spielorte im klimatisch gemäßigten Süden Brasiliens, allesamt nicht allzu weit entfernt von der Heimat.

Das ist nicht überall auf Zustimmung gestoßen. Schon kurz nach der Auslosung machten Gerüchte über eine mögliche Manipulation die Runde. Die Brasilianer sehen es ohnehin nicht besonders gern, wie der nicht sonderlich beliebte Nachbar Besitz ergreift vom öffentlichen Erscheinungsbild der WM. Am Sonntag im Maracana verbündeten sich die brasilianischen Zuschauer spontan mit den spärlich erschienenen Bosniern, deren Existenz ihnen vorher weitgehend unbekannt gewesen sein dürfte. Egal, Hauptsache gegen Argentinien. Das ging soweit, dass die überall im Stadion postierten Polizeitrupps so häufig eingreifen mussten wie bei allen vorherigen WM-Spielen zusammen.

Die argentinischen Reporter wollten später von Alejandro Sabella wissen, was er den halte vom Mangel an Respekt gegenüber den Gästen. Salbella hat geantwortet, dass ihn das nicht weiter interessiere und dass er es doch vorziehe über Fußball zu reden. „Manchmal sind die Zuschauer für uns, manchmal sind sie gegen uns, so ist das doch schon immer gewesen“, sprach der argentinische Trainer. Und viel wichtiger sei doch, dass die Mannschaft zum Start einen Sieg hingelegt habe, „das erste Spiel ist immer das schwerste. Die Spieler sind nervös und angespannt, vor allem die jungen, die noch nie bei einer WM dabei waren, und für mich ist das ja auch etwas Neues.“

Trainer Salbella sagt: "Messi der beste Spieler der Welt"

Lionel Messi war schon zweimal dabei, und jedes Mal ist der Druck ein bisschen größer geworden. Sein Trainer Salbella sagt zu jeder sich bietenden Gelegenheit, dass „Messi der beste Spieler der Welt ist“, aber bei Weltmeisterschaften ist er diesen Nachweis bisher schuldig geblieben. Vor dem Abend in Rio zierte ein einziges Tor seine WM-Bilanz, erzielt im Juni 2006 in Gelsenkirchen gegen Serbien und Montenegro zum nicht mehr ganz so wichtigen 6:0-Endstand. Auch am Sonntag gegen die Bosnier lief es nicht besonders gut an. Wie immer lief Messi wenig und bekam oft den Ball, aber meist verschluderte er ihn in einem Endlosdribbling oder er schickte ihn auf die Reise ins Irgendwo. „Die erste Halbzeit war nicht gut“, sagte Messi, und sein Trainer stellte sich tapfer vor ihn und behauptete, das sei auch ein wenig seine Schuld gewesen.

Also änderte Alejandro Salbella in der Pause sein System und schickte zur Unterstützung Messis den Angreifer Gonzalo Higuaín auf den Platz. Diese Umstellung griff nicht sofort, aber dann doch sehr nachhaltig. Mit Higuaín hatte Messi in vorderste Linie eine weitere Anspielstation, plötzlich kamen seine Pässe an, die Dribblings gerieten besser und es kam ihm die Eingebung für das Glanzlicht des Abends. Es war die Szene, die alles veränderte. Für die Argentinier im Allgemeinen, die sich befreiten vom möglich Makel, nur dank eines Eigentors des Schalkers Bosniers Sead Kolasinac zu gewinnen. Und im Besonderen für Messi, dessen anschließende Jubel-Eruption verriet, wie viel an Selbstwertgefühl ihm dieses Erfolgserlebnis bringen könnte. Wahrscheinlich wird diese WM einen anderen Messi erleben als vor vier Jahren in Südafrika. Alles begann am rechten Strafraumeck mit Higuaín. Messi nahm Fahrt auf und zog in die Mitte, verfolgt von Muhamed Besic, dann baute sich Emin Bicakcic als Blockade auf und fuhr das Bein aus, aber Messi wich so schnell und geschickt aus, dass der Bosnier nur seinen Landsmann Besic traf, dafür aber richtig. Die beiden trudelten über den Rasen und hatten beste Sicht auf Messi, der mit der vierten und letzten Ballberührung, alle mit dem linken Fuß, so präzise schoss, dass nur noch der Torpfosten das bisher schönste Tor dieser WM hätte verhindern können. Der Pfosten aber war gnädig und lenkte den Ball weiter über die Torlinie.

Unten feierten die Spieler, oben die blau-weißen Fans, den späten Anschlusstreffer durch Vedad Ibisevic nahmen sie gelassen zur Kenntnis, und natürlich zogen sie noch weiter in die Bars und Cafés von Copacabana und Ipanema. Es wurde eine lange und laute Nacht, bevor der argentinische Tross auf den Weg machte ins Trainingsquartier nach Belo Horizonte, die zweite inoffizielle Hauptstadt des argentinischen Fußball in diesen WM-Tagen von Brasilien.

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