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"Eine Mannschaft wird hinter Costa Rica weiterkommen." Torwart Keylor Navas sollte mit seiner Vorhersage für die Gruppe D Recht behalten.

© Reuters

WM 2014: Costa Rica vor Griechenland: Über Torwart Keylor Navas lacht niemand mehr

Costa Ricas Torhüter Keylor Navas ist bekannt für seine exzessive Vorbereitung. Stärken und Schwächen der jeweiligen Gegner – nichts überlässt er dem Zufall. Gegen Griechenland könnten Navas und Costa Rica zum ersten Mal das Viertelfinale bei einer WM erreichen.

Videos, Videos, Videos. Oder DVD’s. Keylor Navas kann nicht genug davon bekommen. Bei seinem Klub UD Levante wissen sie um die Vorliebe ihres 27 Jahre alten Torhüters. Jede Woche muss die Analyseabteilung neues Material zusammenstellen. Je nach Gegner richtet sich das Volumen. Vor Spielen gegen Real Madrid oder dem FC Barcelona kann es schon mal sein, dass Navas um acht DVD’s bittet. Der Inhalt ist thematisch immer derselbe: Es geht um die Stärken und Schwächen der gegnerischen Angreifer. Über welche Schusstechnik verfügen sie? Was ist ihre bevorzugte Ecke. Wie treten sie Freistöße oder Elfmeter? Solche Sachen. Navas liebt es, seine Kontrahenten zu studieren. Alles will er über sie wissen.

Einen ähnlich hohen Arbeitsaufwand wie die Kollegen von UD Levante dürften auch die Analysten der Nationalmannschaft von Costa Rica dieser Tage betreiben. Am Sonntag geht es im Achtelfinale gegen Griechenland. Die Chance auf den Einzug ins Viertelfinale ist groß für Costa Rica, es wäre das erste Mal. Vor 24 Jahren schied Costa Rica im Achtelfinale aus, 2002 und 2006 war nach der Vorrunde Schluss. Schwer vorstellbar, dass sich Navas diese historische Chance jetzt entgehen lässt, weil ein Schütze ihn überraschen konnte.

Egal wie das Spiel gegen die Griechen ausgeht, Costa Rica ist bereits jetzt die größte Überraschung dieses Turniers. Kaum jemand hatte vor der WM mit dem kleinen Land aus Mittelamerika gerechnet. Schon gar nicht, als im Dezember des vergangenen Jahres die drei ehemaligen Weltmeister Italien, Uruguay und England als Gruppengegner gelost wurden.

Über der Welt des Fußballs schwebt nach Costas Ricas Gruppensieg ein Fragezeichen

Italien und England sind bereits wieder in der Heimat, Uruguay musste sich hinter Costa Rica mit Platz zwei zufrieden geben. Und über der Welt des Fußballs schwebte ein Fragezeichen. Wer zum Teufel sind diese Kerle? Dieser Bryan Ruiz? Dieser Joel Campbell? Yeltsin Tejeda, Keylor Navas und all die anderen?

Nun, sie sind allesamt gut ausgebildet und entgegen der allgemeinen Vermutung bereits zu einem beträchtlichen Teil in europäischen Ligen angestellt. Sie spielen in Russland, Griechenland, Norwegen, Dänemark, Holland oder in Spanien. So wie Navas. Bei der letzten WM-Teilnahme Costa Ricas im Jahr 2006 war die Situation noch eine andere gewesen. Damals spielten die meisten daheim bei Deportivo Saprissa, LD Alajuelense oder CS Herediano.

Aus der Jugendabteilung des Rekordmeisters Deportivo Saprissa stammt auch Keylor Navas. Von dort ging es über Albacete nach Valencia, zum zweiten Klub der Stadt, UD Levante. Dort ist Navas ein Leistungsträger. Der spanische Ligaverband zeichnete ihn vor der WM als besten Torhüter der Primera Division aus – vor dem jungen Belgier Thibaut Courtois von Atletico Madrid oder Barcelonas Victor Valdes. Navas’ Paraden weckten das Interesse anderer Klubs. Borussia Mönchengladbach soll an ihm als Ersatz für Marc–André ter Stegen interessiert gewesen sein. Letztendlich entschied sich der Bundesligist jedoch für Yann Sommer vom FC Basel.

Navas hätte hervorragend in das Anforderungsprofil von Trainer Lucien Favre gepasst

Dabei hätte Navas hervorragend in das Anforderungsprofil von Trainer Lucien Favre gepasst. Er ist ein mitspielender Torhüter, einer, der das Spiel liest und stets zur Stelle ist, wenn seine Vorderleute einmal einen lang geschlagenen Ball passieren lassen. Bei Levante spotten sie, Navas wäre ein besserer Fußballer als alle vier Verteidiger vor ihm.

In der Nationalmannschaft hat Navas sogar fünf Verteidiger vor sich, zumindest bei gegnerischem Ballbesitz. Bisher machten vor allem die Angreifer Bryan Ruiz vom PSV Eindhoven und Joel Campbell, der dem FC Arsenal gehört, von sich reden. Mit ihrer Schnelligkeit und Dynamik im Konterspiel begeisterten sie während der Gruppenphase. Die eigentliche Stärke der Mannschaft liegt aber in der Verteidigung. Costa Rica ließ in der Gruppenphase nur einen Gegentreffer zu – einen Elfmeter von Edinson Cavani. Italiener und Engländer verzweifelten an der vielbeinigen Abwehr und an Keylor Navas. „Ich glaube, das ist ein Traum für uns, den wir hier gerade so schön erleben“, sagte Navas, nachdem er gegen England zum Spieler des Spiels ausgezeichnet wurde. Ein Traum, an dem laut Navas auch himmlische Mächte mitwirken. Nach dem Spiel gegen Italien sank er nieder, drückte die Knie in den Rasen, breitete seine Arme aus und betete.

Höflich, fromm und bescheiden, so erleben ihn auch seine Klubkameraden bei UD Levante. Nur einmal, es war im Februar, da bezichtigten sie ihren Torwart der Spinnerei. Navas sollte sich während eines Interviews zur anstehenden WM in Brasilien und den Gegnern England, Italien und Uruguay äußern. „Starke Mannschaften“, sagte er. „Eine von ihnen wird weiterkommen – hinter Costa Rica.“ Damals haben alle noch herzlich gelacht über Keylor Navas.

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