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Marco Reus geht, Joachim Löw überlegt. Wie geht es nun weiter mit der deutschen Nationalmannschaft?

© Reuters

WM 2014 in Brasilien: Wer kann Marco Reus ersetzen?

Es ist nicht irgendein Ausfall: Durch die Verletzung von Marco Reus fehlt Joachim Löw bei der Weltmeisterschaft sein derzeit stärkster Spieler. Der Bundestrainer muss nun überlegen, wie er Reus ersetzen soll.

In der Sekunde des Schreckens steckte schon das Drama für Wochen. Marco Reus blieb am Boden liegen, auf dem Rasen des Stadions von Mainz mit vor Schmerzen verzerrtem Gesicht, während alles um ihn herum erstmal weiterging. So war es im Spiel am Freitagabend gegen Armenien. Und so war es auch einen Tag später. Reus blieb am Boden. Für alle anderen aus seiner Mannschaft sollte es per Flugzeug weiter nach Brasilien gehen.

Die Verletzung am Syndesmoseband, die Marco Reus beim 6:1 der Nationalelf im letzten Test gegen Armenien erlitt, sie kostet den Dortmunder Fußballprofi die Teilnahme an der WM in Brasilien. Das nicht irgendein Ausfall. Marco Reus war im Aufgebot der Nationalmannschaft zuletzt der formstärkste und am variabelsten einsetzbare Spieler.

In den Worten von Bundestrainer Joachim Löw hört sich das so an: "Marco war super drauf. Er hat vor Spielfreude gesprüht. In unseren Überlegungen für Brasilien hat er eine zentrale Rolle gespielt." Seinen Ausfall konnte der Bundestrainer in einem Wort zusammenfassen: "Schock".

Marco Reus muss sechs bis sieben Wochen pausieren

Was Reus passiert ist, lässt sich ansonsten nur mit einer bösen Laune des Fußballs deuten. Er war nach einem Zweikampf einfach umgeknickt. Löw sah jedenfalls keine Verantwortung der Armenier für die Verletzung seines Offensivspielers. "Es gab keine Schuld, es war kein überhartes Foulspiel. Es war ein Zweikampf, wie er immer wieder passiert im Spiel." Und Reus selbst fand laut "Bild" auch keine Erklärung: "Ich weiß wirklich nicht, wie ich das in Worten ausdrücken soll, was ich gerade empfinde. Ein Traum ist von einer zur anderen Sekunde geplatzt." Die untersuchenden Ärzte ließen jedenfalls keinen Zweifel an der Schwere der Verletzung. Sechs bis sieben Wochen Erholung braucht Reus’ Fuß, eher er wieder mit dem Training beginnen kann.

Joachim Löw tat, was er tun musste, einen Spieler für Reus nachnominieren. Statt Reus sollte Shkodran Mustafi am Samstag von Frankfurt am Main über Salvador nach Porto Seguro mitfliegen. Aber mit an Bord dürfte nach Reus’ Verletzung auch die neue Sorge sein, wie denn jetzt die Mannschaft aussehen soll.

Shkodran Mustafi wurde für Marco Reus nachnominiert

Dem Spiel einer Mannschaft, sei es im Verein oder der Nationalelf, gibt der 25 Jahre alte Marco Reus eine ganz besondere Dynamik. Ihn zeichnet eine besondere Kaltschnäuzigkeit aus, und das kann im Fußball eine gewinnbringende Tugend sein. Die Nationalelf wird seit einiger Zeit von einer Diskussion um ihre mentale Stärke begleitet. Wenn sie auf einen spielerisch gleichwertigen Gegner trifft, entscheidet oft der Kopf über Sieg und Niederlage. Und das kann gerade auch ein Kopf wie der von Marco Reus sein. Reus’ Ausfall ist daher vor allem ein Verlust für die Mentalität der Nationalmannschaft.

Spielerisch wiegt der Verlust schwer, weil Reus so vielseitig einsetzbar war. Mit Ausnahme des klassischen Strafraumstürmers, kann Reus alle vier Positionen des modernen Angriffsspiels besetzen, also sowohl vorne als falsche Neun, hinter den Spitzen, im linken offensiven Mittelfeld und im rechten offensiven Mittelfeld. Löw setzte ihn zuletzt oft links ein, bei Borussia Dortmund kam er aufgrund seiner überragenden Fähigkeiten auf der Position des Spielmachers zum Einsatz.

Die WM in Brasilien schien Reus auf seinem bisherigen Leistungshöhepunkt spielen zu können. Vor zwei Jahren war schon zum Spieler des Jahres in der Bundesliga gewählt worden, damals noch als Angestellter von Borussia Mönchengladbach. Seitdem hat er sich jedoch auch gegen die stärkere Konkurrenz bei Borussia Dortmund und in der Nationalelf durchgesetzt.

Seinen Ausfall könnte Löw nun am ehesten mit Lukas Podolski auf der linken Seite kompensieren oder mit André Schürrle, den beiden offensiven Mittelfeldspielern, die in London für Arsenal und Chelsea spielen. Es gibt auf jeden Fall Ausweichmöglichkeiten, wenn auch wie beschrieben, Reus’ mentale Ausrichtung in der Mannschaft, von Thomas Müller einmal angesehen, nahezu einmalig ist.

Trost kann die Nationalmannschaft nun in der jüngeren Geschichte finden. Auch bei zwei der vorangegangenen drei Weltturnieren konnte der vermeintlich beste Spieler jeweils wegen plötzlicher Verletzungen nicht mitwirken. Sebastian Deisler fiel vor der WM 2002 aus, Michael Ballack dann vor vier Jahren. Heraus kam dann dennoch ein zweiter Platz 2002 und 2010 eine vor allem spielerisch herausragende Leistung mit Kantersiegen gegen England und Argentinien.

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