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Hertha-Profi John Anthony Brooks jubelt nach seinem späten Kopfballsiegtor für die USA gegen Ghana bei der Fußball-WM 2014 in Brasilien.

© AFP

WM 2014 - Tor für USA gegen Ghana: Hertha BSC gratuliert John Anthony Brooks

Die USA eröffnete ihre WM mit einem Sieg über Ghana. Dafür brauchte die Mannschaft von Jürgen Klinsmann ein spätes Siegtor von einem Berliner: Hertha-Profi John Anthony Brooks.

In den Strafraum gestürmt, den Ball mit dem Kopf gedrückt. Aufsetzer, Tor, Luftsprung. Wenig später schien John Anthony Brooks nicht mehr zu wissen, in welcher Sphäre er gerade herumschwebte. Es war die 86. Minute des Spieles zwischen den USA und Ghana als der junge Verteidiger nach einem Eckball per Kopf das Spiel entschied. Er landete nach seinem Luftsprung, blieb fast eine Minute auf dem Rasen liegen. Bäuchlings. Hände über dem Kopf verschränkt. Als die Kollegen fertig gratuliert hatten, lungerte Brooks immer noch auf dem Grund des Stadions von Natal. 2:1 für die Mannschaft von Trainer Jürgen Klinsmann und 2:1 für den jungen Mann aus Berlin, für den Bundesligaprofi von Hertha BSC.

„Ich konnte es einfach nicht glauben“, sagte Brooks. „Ich bin einfach in den Strafraum gelaufen und habe gehofft, dass der Ball meinen Kopf trifft – und das tat er.“ Dabei hätt4e Brooks gar nicht so überrascht sein müssen, denn später offenbarte er US-Medien, dass er zwei Nächte zuvor so eine ähnliche Szene geträumt habe. Allerdings sei sein Traumtor im Traum schon in der 80. Minute gefallen. „Es war mein erster Traum bei der WM“, sagte Brooks, „und hoffentlich nicht mein letzter.“

"The greatest American since Abraham Lincoln"

In den USA, wo dieser Tage verhältnismäßig viel Fußballbegeisterung herrscht, schaffte es Brooks zumindest auf die ersten Seiten der Sportteile. Ein Spaßvogel hatte gar seinen amerikanischen Wikipedia-Eintrag um den Satz ergänzt: „The greatest American since Abraham Lincoln.”

Vielleicht ist Brooks noch nicht ganz so prominent wie der einstige Präsident des mächtigsten Landes der Welt, aber immerhin ist er schon mal Matchwinner bei einer Weltmeisterschaft: Erst zur zweiten Halbzeit eingewechselt, war es erst sein fünfter Einsatz für die USA. Im August 2013 hatte er bei einem  Freundschaftsspiel gegen Bosnien-Herzegowina erstmals im Aufgebot der USA gestanden. Damals hat er nicht mal die US-Nationalhymne zu Ende singen können vor dem Spiel. Ob aus Textschwäche oder Aufregung, verschwieg der Sohn einer Deutschen und eines US-Amerikaners allerdings. Er hätte es natürlich auch mit der deutschen Nationalmannschaft versuchen können, auf dem Weg dahin war er. Ganz zart. Für die deutsche U 20 hat er ein Spiel absolviert, aber der Weg weiter nach oben wäre für Brooks, der einst beim SV Blau-Weiss mit dem Fußball begann, wohl noch sehr weit gewesen. Erst wenige Tage vor dem ersten Länderspiel für Klinsmanns Team hatte er mit 20 Jahren in der Bundesliga für Hertha BSC debütiert – und dabei auch gleich sein erstes Tor erzielt.

Höhen und Tiefen im ersten Bundesligajahr

In Herthas Zweitligasaison 2012/2013 galt der 1,93 Meter große Brooks als Herthas große Entdeckung, nach dem Aufstieg war ging es dann aber nicht linear für Brooks nach oben. Seinen zweiten Bundesligatreffer erzielte er erst am 32. Spieltag beim 2:0 gegen Braunschweig. Dazwischen lagen Verletzungen, Degradierungen in Herthas zweite Mannschaft, Enttäuschungen und auch ein beleidigter Brooks, der die Presse boykottierte. „Sein erstes Bundesligajahr ist ein Wellental“, sagte Herthas Trainer Luhukay kurz vor Ende der Saison. Am Tiefpunkt war Brooks, als er einen Elfmeter in Wolfsburg verschuldete und mit einem Fehlpass ein Gegentor in Freiburg einleitete. „Er zahlt Lehrgeld, in sechs Wochen hat er mehr Fehler gemacht als in der gesamten letzten Saison“, sagte Luhukay damals. Und dann gab es da noch den Ärger um ein Tattoo, das er sich während der Saison schrittweise auf den Rücken eingravieren ließ. Angeblich konnte Brooks deshalb nur eingeschränkt trainieren. Trainer Luhukay war jedenfalls mächtig sauer. So ein Tattoo sei eben nicht ohne Risiken, wenn dann Entzündungen kommen würde. Er habe, sagte der Trainer, kein Verständnis dafür, dass ein Spieler so etwas während der Saison mache.

Brooks begann seine erste Saison in der Bundesliga als Stammspieler – und beendete sie nach seinem Tief als Stammspieler. Nach einer Verletzung war er lange außen vor, ehe er gegen Saisonende von Fabian Lustenbergers Verletzung profitierte und wieder erste Wahl war. Auf 16 Bundesligaspiele kommt Brooks inzwischen – und auf einen WM-Einsatz. Ein steiler Aufstieg für den inzwischen 21 Jahre alten Berliner, der 2007 aus dem Nachwuchs von Hertha Zehlendorf zu Hertha BSC wechselte.

Bei Hertha BSC war die Freude über das Tor von Brooks in Brasilien groß. Manager Michael Preetz und der Klub gratuliertem ihrem Spieler bereits per Twitter. „Er ist ein Berliner”, schrieb Preetz. „Was für ein Tor.”

Anthony Brooks war im Spiel von Natal nicht der einzige gebürtige Berliner, der auf dem Platz stand. Kevin Prince Boateng wurde auf Seiten von Ghana genauso eingewechselt wie Brooks, allerdings erst in der 59. Minute, und Boateng war verärgert. „Ich habe mich auch gewundert, dass ich nicht gespielt habe. Mehr möchte ich dazu nicht sagen“, sagte er. Die Niederlage bezeichnete Boateng als „ganz bitter“. Für die USA, die zuletzt bei zwei WM-Turnbieren 1:2 gegen Ghana verloren hatten, war es ein Erfolg, der viel verspricht. „Wir mussten diesen Ghana-Komplex erst mal besiegen“, sagte der einstige Bundesligaspieler und heutige Fernsehexperte bei Fox TV, Eric Wynalda. „Nun traue ich der Mannschaft viel zu.“

Die Perspektiven sind in Amerika größer

Jürgen Klinsmann sagte später, er habe nach dem späten Ausgleich der Ghanaer in der 82. Spielminute gewusst, dass seine Mannschaft nicht aufgeben würde. „Denn das machen US-Teams nie, egal in welcher Sportart. Wir können glücklich sein, dass wir die drei Punkte mit dem schönen Kopfballtor von Brooks geholt haben.“

Wobei Klinsmanns Anteil  am Siegtor groß ist. Es war aber nicht schwer, den Berliner Brooks zu überreden, für die USA zu spielen. „Denn da ist die Perspektive größer für mich“, hatte Brooks schon vor zwei Jahren gesagt. In Deutschland gäbe es zu viele gute Innenverteidiger, da sei die Konkurrenz größer. Und schließlich habe er ja auch amerikanische Seiten, offenbarter Brooks Herthas Fan-Fernsehen.  „Das amerikanische an mir ist mein Namen. Dann spiele ich gerne Basketball und höre gerne amerikanische Musik.“ Und das Deutsche an ihm? „Deutsch ist an mir meine Spielweise, denn in Deutschland wurde ich ausgebildet.“ Auch zur Entschlossenheit, so scheint es. Denn in die Kategorie fiel sein später Treffer gegen Ghana am Montagabend bei der WM in Brasilien in der Arena von Natal. Sollte die WM für Brooks so verlaufen wie seine Saison bei Hertha, dann müsste er ungefähr im Halbfinale wieder für die USA treffen – es wäre eine Sensation.

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