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WM Kolumne: Es kann nur schlimmer werden

Bernd Schröder glaubt, dass Norwegen heute zum ersten Mal das Viertelfinale verpasst

Wenn mich jemand vor der WM gefragt hätte, welche Teams am Ende unter die ersten Drei kommen, wäre Norwegen bei mir mit dabei gewesen. So kann man sich irren! Vielleicht habe ich mich auch zu sehr von meiner Sympathie leiten lassen. Wir von Turbine unterhalten seit Jahren gute Beziehungen nach Norwegen und mit Leni-Larsen Kaurin ist ja auch eine Spielerin im aktuellen WM-Kader, die schon bei uns in Potsdam gespielt hat. Nachdem ich die Norwegerinnen aber bei ihrem ersten Spiel gegen Äquatorial-Guinea gesehen hatte, wusste ich: Das wird nichts! Die Leistung der Mannschaft war katastrophal und nur mit viel Glück konnten sie gegen einen absoluten Nobody im Frauenfußball gewinnen. Danach wurde es gegen Brasilien sogar noch schlechter. Kurz gesagt: Für das entscheidende Spiel heute gegen Australien sehe ich schwarz. Beide Mannschaften haben drei Punkte, aber wegen des schlechteren Torverhältnisses muss Norwegen gewinnen, um ins Viertelfinale einzuziehen. Ich wüsste allerdings nicht, wie sie das schaffen sollten. Die Mannschaft verfügt über keine Struktur und dazu fehlt es an individueller Klasse. Das war nicht immer so. Norwegen ist bis heute statistisch gesehen das erfolgreichste Land im Frauenfußball. Das Triple aus Europameistertitel, Olympiasieg und Weltmeister fehlt uns Deutschen ja noch. Aber Norwegens Titel liegen schon lange zurück – und das hat seinen Grund. Ich glaube, dass man sich zu lange auf den vielen Erfolgen ausgeruht hat. Fußballerisch ist die Entwicklung an denen vorbeigezogen und inzwischen verfügen viele Länder über ein höheres Niveau. Früher zeichnete sich das Team dadurch aus, dass man herausragende Persönlichkeiten auf dem Platz hatte. Wenn ich da nur an Solveig Gulbrandsen denke – toll. Heute fehlen solche kreativen Charaktere. Und Besserung ist nicht in Sicht. Auf Juniorenebene spielt Norwegen keine Rolle mehr, da kommt nichts nach. Die Stärke der Nationalmannschaft hängt immer auch mit dem Niveau der eigenen Liga zusammen und dort lässt sich der Abstiegl des norwegischen Frauenfußballs sehr gut aufzeigen. Früher spielten in der Liga viele Ausländerinnen, die das Niveau hoben und die anderen automatisch besser machten. Diese Spielerinnen sind heute in Deutschland, den USA oder Frankreich unter Vertrag. Bisher hat Norwegen bei einer WM-Endrunde immer die K.o.-Phase erreicht. Heute könnte sich das ändern.

An dieser Stelle wechseln sich Turbine Potsdams Coach Bernd Schröder, DFB-Jugendtrainerin Anouschka Bernhard, der langjährige Bundestrainer Gero Bisanz und der Schriftsteller Moritz Rinke ab.

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