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WM-Zehnkampf: Berliner wird sensationell Vierter

Das größte Lob für André Niklaus kam vom Olympiasieger. "Willkommen in der Weltklasse des Zehnkampfs", sagte Christian Schenk.

Helsinki (11.08.2005, 12:53 Uhr) - «André hat sich in jedem Jahr gesteigert und die 8500 Punkte drauf. Damit kannst du bei jedem internationalen Wettkampf eine Medaille machen.» Im Regen-Zehnkampf der «Winterspiele» von Helsinki hatte sich Niklaus den Respekt auch redlich verdient. Mit sechs persönlichen Bestleistungen schockte der 23 Jahre alte Berliner die etablierte Konkurrenz, mit 8316 Punkten fand er sich schließlich auf WM-Platz vier wieder. 69 Punkte fehlten zur Bronzemedaille. Eine Sensation? «Ein Superergebnis», meinte Niklaus, «der Anspruch wird wachsen, die Erwartungen werden größer.»

«Das war ein Lustspiel in zehn Akten», schwärmte Jürgen Mallow, der Leitende Bundestrainer des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Der neue Weltmeister Bryan Clay (USA) gehörte zu den ersten Gratulanten: «André ist ein Supertyp.» Ex-Champion Tomas Dvorak (Tschechien) fiel dem Deutschen in die Arme. Und auch ARD-Experte Frank Busemann staunte nicht schlecht. «Sensationell, bei so einem Wetter eine Bestleistung aufzustellen», erklärte der Olympia-Zweite von 1996. «Er hat Potenzial, das Ziel könnten etwa 8500 Punkte sein.»

Wie Schenk, der Olympiasieger von 1988, und Busemann, Deutschlands bislang letzter Zehnkampf-Held, sieht auch Trainer Rainer Pottel nach fünf gemeinsamen Jahren mit Niklaus noch Reserven. «8500 Punkte sind möglich», meinte der frühere Zehnkämpfer, der seine persönliche Bestleistung schon vor 24 Jahren schaffte. «8334 Punkte, das war damals Jahresweltbestleistung», meinte Pottel, der seinem Musterschüler damit nur noch 18 Zähler voraus ist. Knapp drei Sekunden hätte Niklaus im abschließenden 1500-m-Lauf schneller rennen müssen, dann hätte er seinen Coach in der Bestenliste überholt.

«Mein Trainer hat den größten Anteil an diesem Erfolg», sagte der Zehnkämpfer von der LG Nike Berlin, «er hat die Fäden in der Hand.» Pottel wird seinem Schützling wohl noch in Helsinki ein Abendessen spendieren, dazu gehört eine dicke Havanna - ein langjähriges Ritual der Sport- und Schicksalsgemeinschaft Niklaus/Pottel. Der Coach flog mit seinen Gedanken schon mal auf und davon. «Jetzt kommen die besten Jahre für André, bei der Leichtathletik-WM 2009 in Berlin wäre er 27 - ideal für einen Zehnkämpfer», meinte der 51-Jährige.

An ein mögliches WM-Heimspiel in vier Jahren mag Niklaus noch nicht denken, doch das Stichwort «Berlin» hat der junge Mann schon auf dem Zettel: Am 4. September will er beim ISTAF seinen «Hausrekord» im Stabhochsprung knacken. 5,40 Meter hat Niklaus in der Halle schon geschafft, in Helsinki meisterte als einziger Athlet die 5,30 m. Da konnten selbst der neue Weltmeister Clay und der geschlagene Roman Sebrle nicht mithalten, die sich nach der Regenschlacht aber einig waren: «Das war unser härtester Zehnkampf.»

Der 30 Jahre alte Tscheche musste sich wie vor zwei Jahren in Paris mit Silber trösten und stand danach wie ein begossener Pudel im Dauerregen: Nur der Weltmeistertitel fehlt dem Olympiasieger, Weltrekordler und Europameister noch. 2007 will Sebrle in Osaka im sechsten Anlauf endlich den Sprung auf den WM-Thron schaffen. (tso)

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